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Überrollt
in Frankreich


Scherben bringen Glück. Jan Ullrich wird das nach seinem Trainingssturz in die Heckscheibe des Teamfahrzeugs nicht bestätigen können. Was Lance Armstrong mit ihm am ersten Tag der 92. Tour de France anstellte, kam nämlich einem Scherbengericht gleich. Er sortierte ihn am ersten Tag einfach aus dem Reigen der Tourfavoriten aus.
Noch nicht einmal 16 von 3607 Kilometern waren in Frankreich gefahren, da rauschte Armstrong wie ein im Juli immer wiederkehrender böser Traum am verdutzten Jan Ullrich vorbei, obwohl dieser beim Zeitfahren mit einem »Vorsprung« ins Rennen gegangen war.
Überholt zu werden in der eigenen Paradedisziplin - diese Demütigung war dem Magenta-Kapitän in einer an Pleiten, Pech und Pannen keineswegs armen Tour-Karriere bislang erspart geblieben. Im Kampf gegen die Uhr hatte er sich bislang immer auf einer Stufe mit dem Amerikaner gesehen. Und jetzt das. Wie soll ausgerechnet er, der Zartbesaitete, sich von dieser Vorführung erholen?
Überholt hatten sich im Moment der Vorbeifahrt des Amerikaners jedenfalls Ullrichs Ankündigungen, es »den Lenz« in diesem Jahr mal so richtig »rund« machen zu wollen. Sie wurden schnell als verzweifelter Versuch entlarvt, sich selbst ein wenig Mumm zuzusprechen.
Dass der T-Mobile-Chef gestern äußerlich ganz tapfer einen nicht geknickten Eindruck vortäuschte, wird den Amerikaner nicht um den Schlaf bringen. Er kann unbeirrt auf seine Stärke setzen. Jan Ullrich fehlt diese Gabe. Ob er wirklich noch an sich selber glaubt?Hans Peter Tipp

Artikel vom 04.07.2005