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Die Rasen-Revanche

Wimbledon: Davenport folgt Williams ins Finale

London (dpa). Venus Williams feierte ihre Final-Rückkehr mit riesigen Luftsprüngen, die geschlagene Titelverteidigerin schlurfte mit schweren Schritten vom Center Court.

Maria Scharapowa hatte sichtbar am Scheitern zu tragen, während Venus Williams die Aussicht auf den dritten Wimbledon-Titel nach 2000 und 2001 Flügel zu verleihen schien. Serena Williams hatte den Hattrick auf dem Heiligen Rasen nach Erfolgen über Venus 2002 und 2003 im vorigen Jahr gegen Scharapowa verpasst.
Vor dem Halbfinale hatte Serena ihrer älteren Schwester mit einer E-Mail Mut gemacht. »Sie hat geschrieben: Du bist immer noch die Beste. Bleib ruhig und spiel Dein Spiel«, berichtete die Siegerin nach dem 7:6 (7:2), 6:1 in einer hochklassigen und hart umkämpften Partie, die wegen Regens am Donnerstagabend erst mit vier Stunden Verspätung begonnen hatte. Danach meldete sich die in der dritten Runde gescheiterte Serena per Handy und bat scherzhaft um ein Autogramm.
Venus Williams präsentierte sich bei ihrem ersten Einzug in ein Grand-Slam-Endspiel seit zwei Jahren stark und bissig wie zu ihrer besten Zeit. »Ich habe immer gewusst, dass ich auf diesem Niveau spielen kann. Ich fühle mich einfach wohl hier. Das ist der beste Platz der Welt, und ich habe eine gute Bilanz auf ihm«, sagte die 25 Jahre alte Amerikanerin, die die Nummer eins der Welt war, seit 2003 aber an einer Bauchmuskelverletzung laborierte.
»Williams dreht die Zeit zurück und entthront die goldene Scharapowa«, titelte »The Independent« am Freitag unter Anspielung auf die gold-verzierten Schuhe, aber auch die immensen Werbe-Einnahmen der Russin, die als derzeit bestbezahlte Sportlerin der Welt gilt. Das wird die Wahl-Amerikanerin aber vorerst nicht über das verpasste Finale hinweg trösten. »Ich bin sehr traurig. Dieses Turnier bedeutet mir viel, mehr als jedes andere«, sagte Scharapowa. Um noch einmal Wimbledon zu gewinnen, »werde ich alles tun«.
Natürlich auch auf dem Platz stöhnen und schreien, wenn es nicht verboten wird. Venus Williams blieb Scharapowa aber auch dabei nichts schuldig. »Es war eines der besten Damen-Matches, die ich je gesehen habe«, sagte Boris Becker, »aber nach ein paar Spielen habe ich den Ton leiser gestellt, weil ich es nicht ausgehalten habe.« Als Becker, die frühere Weltklassespielerin Pam Shriver und BBC-Moderator John Inverdale nach der abendlichen TV-Aufzeichnung des Spiels wieder ins Bild kamen, setzten sie im Studio erst einmal ihre Ohrenschützer ab.
Neben etwas Glück bei vielen knappen Linienbällen verfügte Scharapowa letztlich auch nicht über die gleiche Kraft wie Venus Williams. »Ich muss stärker werden«, sagte Scharapowa. »Je stärker ich bin, desto mehr freie Punkte bekomme ich durch den Aufschlag. Aber mit 18 Jahren kann man noch nicht einen so harten und konstanten Aufschlag haben.«
Im Endspiel trifft Venus Williams auf Lindsay Davenport. Damit kommt es zu einee Neuauflage des Endspiels von 2000 zwischen den US-Damen. Die Tennis-Weltranglistenerste Davenport gewann am Freitag die Fortsetzung ihres Halbfinals gegen die Französin Amélie Mauresmo 6:7 (5:7), 7:6 (7:4), 6:4. Die Partie war am Abend zuvor wegen Regens beim Stand von 5:3 im dritten Satz unterbrochen worden.

Artikel vom 02.07.2005