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Gutes Benehmen hilft jungen Leuten

Mit dem Abschluss des »Benimmkurses« endet die Vorbereitungsphase des »Schups«-Projekts

Von Caroline Carls
und Hans-Werner Büscher (Fotos)
Sieker (WB). Die Servietten sind schon gefaltet, Besteck und Gläser werden noch einmal poliert. Die zehn Neuntklässler der Siekerschule bereiten alles für das große Abschlussessen ihres »Benimmkurses« vor, zu dem ihre Eltern in die Räume des Carl-Severing-Berufskollegs geladen sind. Sie sollen sehen, was die Jugendlichen während der letzten vier Wochen in der Tanzschule bei Peter Wolff gelernt haben.

Ihre Aufgabe: Die Schüler sollen den Eltern stilgerecht ein Menü servieren. Das Essen wurde von den Kochlehrlingen des Berufskollegs zubereitet: Gebratene Dorade auf Staudensellerie-Ratatouille, Rinderfilet auf Rahmpfifferlingen und als Nachtisch Schokoladen-Chili-Parfait. Keine leichte Aufgabe, wäre nicht vorher der »Benimmkurs« absolviert worden.
Der Kurs ist Teil der sechsmonatigen Vorbereitungsphase des »Schups«-Projekts, das Ursula Heywinkel, Beratungslehrerin an der Siekerschule, vor zwei Jahren ins Leben gerufen hat. Im Rahmen des Projekts werden die Hauptschüler in Betriebe vermittelt, in denen sie ab September ein Jahr lang jeden Donnerstag arbeiten. »Dabei haben sie vor allem ein Ziel: Sie wollen eine Lehrstelle«, erklärt die Initiatorin.
Für das »Schups«-Projekt empfehlen die Klassenlehrer Schüler, die bislang im Unterricht durch Engagement, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit positiv aufgefallen sind. Danach müssen sie die Beratungslehrerin Heywinkel in einem Gespräch von ihrem Potential überzeugen. Einmal ausgewählt, lernen die Jugendlichen in der anschließenden Vorbereitungsphase für das Praktikumsjahr, sich einem Arbeitgeber vorzustellen, ein Kundengespräch zu führen und ein Geschäftsessen zu meistern.
Gutes Benehmen und ein sicheres Auftreten seien heutzutage mehr denn je in den Betrieben gefragt, erklärt Heywinkel. Und sie betont: »Unsere Schüler sind nicht unhöflich. Aber sie sind häufig unsicher.« Die Anstrengungen bleiben nicht ohne Erfolg: Sieben von zehn Schülern wurde im letzten Jahr nach ihrem Praktikumsjahr ein Ausbildungsvertrag angeboten. Eine Auszubildende wurde anschließend sogar fest angestellt.
Wichtig für das Gelingen des Projekts ist nicht nur die Einsatzbereitschaft der Schüler, sondern ebenso die der Beratungslehrerin Heywinkel: Jede Woche besucht sie fünf der Schüler in den jeweiligen Betrieben und telefoniert häufig mit den Unternehmen. Auch Tanzlehrer Peter Wolff bemerkt: »Sie ist wirklich wahnsinnig engagiert.«
»Wir versuchen den Jugendlichen mit dem Projekt eine Chance zu eröffnen, die sie sonst vielleicht nicht bekämen,« erklärt Heywinkel und blickt zufrieden auf ihre Schützlinge, die in diesem Moment den ersten Gang des Menüs servieren.

Artikel vom 08.07.2005