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Krankenkasse zahlt nicht: Klinik blitzartig geräumt

Einmaliger Vorgang in OWL - 50 Patienten aus Rheda verlegt

Von Dirk Bodderas
Rheda-Wiedenbrück (WB). Schock für Patienten und Personal: Nachdem die Krankenkassen gestern angekündigt hatten, von heute an kein Geld mehr zu zahlen, wurde das Evangelische Krankenhaus Rheda innerhalb weniger Stunden geräumt. 50 Patienten wurden mit Krankenwagen in umliegende Kliniken gebracht.

Erst gestern Mittag erfuhren Patienten und Angehörige, dass das Haus noch am gleichen Tag geschlossen würde. Am Nachmittag forderte die Klinikleitung 15 Krankenwagen an, mit denen Patienten nach Gütersloh, Wiedenbrück und Lippstadt verlegt wurden. Einige Patienten ließen sich von Angehörigen abholen. Während die Schließung der gynäkologischen Abteilung bereits festgestanden hatte, kam das Aus der chirurgischen Abteilung vollkommen unerwartet.
Bereits zum 31. Dezember 2004 hatten die Krankenkassen versucht, das Ev. Krankenhaus Rheda schließen zu lassen. Mit einem gerichtlichen Vergleich erreichte die Klinik jedoch eine Fristverlängerung, die gestern endete.
Die Evangelische Stiftung Rheda als Trägerin der Klinik rechnete jedoch mit einem Fortbestand des Hauses über den Stichtag hinaus, weil eine Fusion mit dem Städtische Klinikum Gütersloh längst beschlossen worden war. Diesen Zusammenschluss, der den Erhalt von 40 Betten in Rheda vorsah, hatte das Land bereits genehmigt. Die Fusion war allerdings noch nicht rechtskräftig, weil die Krankenkassen noch bis Ende Juli hätten Einspruch einlegen können. Ein solcher Einspruch hätte dazu geführt, dass die Kassen bis zum Ende des möglicherweise langwierigen Verfahrens weiter hätten zahlen müssen. Die Klinikleitung vermutet, dass die Kassen dieses Risiko nicht eingehen wollten und deshalb gestern den Zahlungsstopp aussprachen.
Nach Angaben von Klinik-Verwaltungsleiter Harald Geier hatten die Kassen bereits vor dem gestrigen Verhandlungstermin Gelder für erbrachte Leistungen zurückgehalten und so die Zahlungsfähigkeit der Klinik gefährdet. Mit der Entscheidung, von heute an auch keine Leistungen der chirurgischen Abteilung mehr zu vergüten, zwängen die Kassen die Klinik zur Aufgabe.
Die Stiftung wird heute Insolvenzantrag stellen. Die 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Klinik müssen den Gang zum Arbeitsamt antreten. Das Altenheim Parkstraße in Rheda, das bislang ebenfalls von der Stiftung betrieben wurde, muss sich einen neuen Träger suchen.
Karl-Josef Steden, Pressesprecher der AOK Westfalen-Lippe, wies gestern die Verantwortung der Krankenkassen für die kurzfristige Schließung zurück. Nach dem Vergleich sei klar gewesen, dass die Übergangsfrist gestern endete. Die Kassen hätten der Klinik in Rheda sogar angeboten, dass alle bis gestern aufgenommenen Patienten weiter hätten versorgt werden können. Die Schließung wäre aus Sicht der Kassen erst nach Entlassung der letzten Patienten notwendig gewesen. Die kurzfristige Räumung des gesamten Hauses - ein bislang in OWL einmaliger Vorgang -Êbezeichnete Stede als »unverständlichen Aktionismus.« Seite 3: OWL
Seite 4: Kommentar

Artikel vom 01.07.2005