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»Herr Schmidt hat immer Recht«

Nach 22 Jahren wird der Rektor der Bültmannshofschule in den Ruhestand verabschiedet

Von Sabine Schulze
Schildesche (WB). Schmidt - das buchstabiert sich an der Bültmannshofschule mit Sch wie Schulleitung, M wie Management, I wie Innovation, D wie Durchhaltevermögen und T wie Tradition. Letztere findet nun bald ein Ende.

Denn am kommenden Montag geht Wolfgang Schmidt, nach eigenem Urteil mit 65 Jahren ein »uralter Schulleiter«, von Bord. Und wenn ihm auch alle den wohlverdienten Ruhestand gönnen und seit Wochen eine tolle Abschiedsfeier für ihn vorbereiten, so herrscht an seiner Schule doch Trauer. Schüler und Kollegen lassen ihn nicht gerne gehen.
22 Jahre lang hat Wolfgang Schmidt die Bültmannshofschule geleitet, zuvor war er fünf Jahre in Sennestadt an der Hans-Christian-Andersen-Schule. Und seine ersten Schritte als Lehrer hat er an der Schildescher Stiftsschule unternommen. »Das war damals ein Sprung ins kalte Wasser: direkt von der Hochschule gleich 30 Stunden Unterricht in einer Klasse mit 48 Kindern«, erinnert er sich und fragt sich heute, wie er es überhaupt zeitlich schaffte, die unzähligen Aufsätze und Diktate zu korrigieren.
Als Lehrer war Wolfgang Schmidt ein Spätberufener: Nach der Mittleren Reife, die er an der Bosseschule ablegte, trat er in den Dienst der Stadt. »Eigentlich wollte ich das Abitur machen, hatte mich allerdings auch als Anwärter für den gehobenen Dienst beworben.« Fünf Jahre blieb er dann dabei, »aber glücklich war ich damit nicht.« Ihm fehlte der Kontakt zu anderen Menschen, vor allem zu den ganz Jungen. Als sich daher die Chance bot, eine Begabten-Sonderprüfung abzulegen und damit zur Hochschule zugelassen zu werden, ergriff er sie prompt - zum Wohle der Generationen von Schülern, die er seitdem unterrichtete.
Dabei war ihm ein Satz ein Leitspruch, der in seinem Arbeitszimmer hängt: »Kinder sind wie Uhren. Man kann sie nicht beständig aufziehen, man muss sie auch mal gehen lassen.« Zwar konnten seine Schüler auch Wolfgang Schmidt nicht auf der Nase herumtanzen, »aber in meinen Klassen war es nie besonders leise«, schmunzelt er. »Eine natürliche Arbeitsunruhe hat mich nie gestört, immer den Daumen drauf zu haben, das lag mir nie.«
Vor allem aber war ihm wichtig, Kinder ernst zu nehmen und nicht verkniffen zu sein. Grenzen hat Wolfgang Schmidt, selbst Vater von drei Kindern, durchaus gesetzt, von einem Laissez-faire hält er nichts. Aber in seiner Persönlichkeit musste sich kein Kind verbiegen. Kein Wunder also, dass es durchaus schon Viertklässler gegeben hat, die sich beim Abschied von ihrer Grundschule und ihrem Klassenlehrer Schmidt darum gestritten haben, wer ihn denn nun mitnehmen dürfe zur weiterführenden Schule. Und so manche Eltern haben von ihren Kindern kategorisch den Satz zu hören bekommen: »Herr Schmidt hat immer Recht.« Damit standen sie auf verlorenem Posten.
Wenn er nun geht, geht er mit einem lachenden und einem weinenden Auge: »Endlich habe ich die Chance, meine Zeit frei einzuteilen; andererseits wird es mir sehr anhängen . . .« Leichter, überlegt er, werde es wohl, weil er - erstmals - im vergangenen Jahr keine eigene Klasse mehr hatte. »Mit einer vierten Klasse zu gehen, das würde mir schwerfallen.«
In seiner Freizeit, schätzt er, werde er in Zukunft sicher auch zur Betreuung der beiden Enkel (drei Jahre und elf Monate alt) eingespannt werden. Darüber hinaus will sich Wolfgang Schmidt seinen Interessen, der Literatur, Kunst und dem Garten, widmen. Und im Urlaub wird es in diesem Jahr nach Nordzypern gehen - weil seine Frau als Sekretärin in Brackwede noch weiter zur Schule geht, erneut in den großen Ferien.

Artikel vom 30.06.2005