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Die Bombe im
Vorgarten gibt
noch Rätsel auf

Die Kosten ängstigen Familie Hauk

Von Gerhard Hülsegge
(Text und Fotos)
Schildesche (WB). Die Suche nach der Weltkriegsbombe in Schildesche gestaltet sich zeitaufwendiger als gedacht. Grund: Die Stadtwerke verzichteten zunächst darauf, einen so genannten »Querschlag« zur Ortung der Versorgungsleitungen anzulegen.

Derweil befürchten die Grundstückseigentümer, auf den Kosten für die Buddelei in ihrem Vorgarten sitzen zu bleiben. »Wir haben bezüglich eventuell anfallender Kosten oder Entschädigungen nur wenige Informationen erhalten«, meinte Stefan Hauk (38) gestern Morgen zum WESTFALEN-BLATT. Unterdessen hatten Bodo Jörger, Friedhelm Giefers und Walter Graalfs vor dem Haus An der Kreuzflur 10 schon damit begonnen, die erste Bohrstange mit Hilfe eines Baggers sieben Meter tief in das gepflegte Grün zu treiben.
Mit Ehefrau Heike (38) und einem »mulmigen Gefühl« im Bauch beobachtete der Hausherr das Treiben vor der Tür. Vor zwei Wochen noch hatte Sohn Philipp (7) arglos über dem im Untergrund vermuteten Sprengsatz gespielt. Auch eine Tanne hatten die Hauks gefällt und die Wurzel ausgegraben. Nicht ahnend, welcher Gefahr sie womöglich ausgesetzt waren. Inzwischen haben sie gelernt, mit der Bombe zu leben.
Am Mittwoch vergangener Woche hatte die Familie erfahren, dass vor ihrem Einfamilienhaus, in dem sie seit fünf Jahren wohnen, vermutlich eine Fünf- oder Zehn-Zentner-Last aus dem Zweiten Weltkrieg »schlummert«, vor 60 Jahren von dem Alliierten abgeworfen, um den Schildescher Viadukt zu treffen. Weil aus Feinden längst Freunde geworden sind, haben auch Deutsche Zugriff auf das britische Militärarchiv.
»Bei der Auswertung der Luftbilder wurde jetzt eine verdächtige Eintragstelle entdeckt«, erklärt Rudi Mende (58), Feuerwerker beim Regierungspräsidenten Arnsberg, dem der Staatliche Kampfmittelräumdienst auch für den Regierungsbezirk Detmold seit 1. April neu angegliedert ist. 19 Löcher insgesamt im Abstand von zwei Metern und in einem Radius von fünf Metern sollen Aufschluss über mögliche Gefahren geben.
Die Mitarbeiter der Spezialfirma Lutomsky aus Warburg-Scherfede (Kreis Höxter) begannen gestern damit, mittels einer Sonde Anomalien im Untergrund festzustellen, digitale Aufnahmen vom Erdinneren anzufertigen und Messungen auf ferromagnetischer Basis zu einem Diagramm zusammenzufügen, das später ausgewertet wird. Um keine Gas-, Strom- und anderen Versorgungsleitungen zu beschädigen, wurde bei den Stadtwerken darauf gedrungen, doch noch per Hand einen 50 Zentimeter breiten, 150 Zentimeter langen wie tiefen Graben - den Querschlag - auszuheben.
»Das war bei der Baubesprechung im Vorfeld noch kein Thema, die Lage der Bohrpunkte außerdem ungewiss«, begründete Wolfgang König, Sprecher der Bielefelder Stadtwerke, die zunächst gezeigte Zurückhaltung. Gleichwohl werde nun auch das Pflaster aufgenommen. Die Suche nach dem Blindgänger war routinemäßig in Gang gesetzt worden, weil die Stadtwerke neue Gas- und Wasserleitungen verlegen wollen.
Werden die Kampfmittelräumer in den nächsten Tagen fündig und ist die Bombe scharf, wird das Wohngebiet nahe der Eisenbahnbrücke über der Talbrückenstraße im Umkreis von 500 Metern evakuiert.
»Entwarnung« gab Rudi Mende, seit 27 Jahren beim Kampfmittelräumdienst, gestern schon mal in finanzieller Hinsicht. Die Hauks müssten nicht befürchten, horrende Summen für die Bombenaktion bezahlen zu müssen. Das Gros der Kosten trügen Land und Stadt. Auch das Loch im Garten werde wieder zugeschüttet. Mende: »Nur fürs Verdichten und Raseneinsähen fühlen wir uns nicht zuständig.«

Artikel vom 29.06.2005