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Der Klang bleibt ein Geheimnis

Neue Raumkomposition von Willem Schulz für »Ab in die Mitte«

Von Uta Jostwerner (Text)
und Carsten Borgmeier (Foto)
Bielefeld (WB). Wie mag es wohl klingen, wenn Rock, Reggae und HipHop auf geistliche Chormusik treffen oder wenn ein klassisches Streicherduo mit einem DJ musiziert? Das Geheimnis wird am Samstag, 9. Juli, im Rahmen von »Ab in die Mitte« gelüftet.

Nach der mit großem Interesse aufgenommenen Stadtsinfonie vor drei Jahren, einer Raumbespielung für den Alten Markt, hat Willem Schulz erneut ein Raum-Klang-Konzept für zwei Bielefelder Plätze erarbeitet. »listen BI«, so der Name des aufwändigen, experimentellen Musikprojekts, wurde zum einen auf die architektonischen Begebenheiten des Jahnplatzes zugeschnitten, zum anderen auf die bauliche Struktur des Neuen Bahnhofviertels abgestimmt. In beiden Fällen aber liegt der Komposition das »Generationen«-Thema von »Ab in die Mitte« zugrunde.
»Ich habe das Thema so umgesetzt, dass verschiedene Altersstufen und Musikstile aufeinandertreffen, sich annähern und miteinander kommunizieren«, umschreibt Willem Schulz das grobe Konzept. Beteiligt sind 15 Abteilungen -Ê Solisten, Ensembles und Chöre. Darunter der Psalmenchor der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde mit der Sopranistin Edith Murasova, die Saxophonistin Natalia Stuphorn, der Rapper Pat-Om und das auf Neue Musik spezialisierte Ehepaar Gerd Lisken und Anke Züllich-Lisken.
»Jede Einheit bringt drei festgelegte Klangfragmente ein, die typisch für ihren Musikstil sind«, erklärt Schulz. Diese dienen den Interpreten als eine Art Grundgerüst, um Unterthemen wie Ruhe, Hektik, aber auch Tod und Zerstörung zum Ausdruck zu bringen. Wer wann was spielt, liegt in Schulz' Händen. Erstmals beschreitet der 55-Jährige bei seiner musikalischen Leitung Neuland, indem er eine Mischform aus Dirigieren und Zuhören praktiziert. Beides wird sich während der gut einstündigen Aufführung wechselseitig beeinflussen.
Für den Jahnplatz wurde eigens eine aus unterschiedlich hohen Podesten bestehende Bühne angefertigt. Die einzelnen Elemente werden so zusammengefügt, dass die Musiker Rücken an Rücken stehen. Da sie auch den Dirigenten nicht sehen können, erhalten sie ihre Einsätze über ein akustisches Signal. Anders im Neuen Bahnhofsviertel, wo die Interpreten über den gesamten Europa-Platz verteilt stehen und Sichtkontakt zu Willem Schulz gewährleistet ist.
Schulz wünscht sich, mit seiner Aktion den Platz nachhaltig beleben zu können. »Menschen können durch das Erlebte ein Verhältnis zu einem Ort entwickeln. Das macht einen Platz auch im Nachhinein interessant«, ist der Komponist überzeugt.

Artikel vom 30.06.2005