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Schräge Romanze in Yorkshire

»My summer of love«: Zwei Mädchen aus verschiedenen Welten


Für die eine ist es der schönste Sommer ihres Lebens, für die andere nur ein Spiel. Zwei Mädchen aus verschiedenen Welten erleben in Pawel Pawlikowskis »My Summer of Love« eine intensive Ferienfreundschaft.
In der Landschaft Yorkshires entwickelt sich eine tragische Romanze, bevor die Situation schließlich eskaliert. Für einige Wochen überschlagen sich Romantik und Rebellion in befreiender Euphorie, bis die profane Realität in die amour fou zweier Teenager einbricht.
Tamsin sitzt auf einem Pferd, und Mona liegt im Gras, als sie sich zum ersten Mal begegnen. Tamsin, kultivierte Tochter wohlhabender Eltern, wird die Zügel nicht aus der Hand geben. Mona, die trotz ihrer Stärke Bedürftige, nimmt die Inszenierung dieser exaltierten Ferienfreundschaft als Versprechen. Sie lebt mit ihrem Bruder zusammen, der nach einer Knastkarriere den Pub der verstorbenen Mutter zum Treffpunkt einer Sekte umfunktioniert hat.
Die Internatsschülerin Tamsin verbringt die Ferien auf einem großen Anwesen und verführt Mona mit der Magie des kultivierten Laissez-faire. Sie liebt es, Menschen zu manipulieren, spricht von Nietzsche und Edith Piaf, und sie tischt die herzzerrreißende Geschichte von ihrer Schwester auf, die an Magersucht zu Grunde gegangen sei.
Die inneren Konflikte der Mädchen sind so gegensätzlich wie ihre Welten. Einen Sommer lang finden Exzentrik und Trostlosigkeit in einer explosiven Harmonie zusammen. Diese besondere Chemie hat Pawlikowski mit seinen Hauptdarstellerinnen Natalie Press (Mona) und Emily Blunt (Tamsin) großartig in Szene gesetzt. Vor allem Natalie Press beeindruckt in ihrer aufgewühlten Ruhe - als Newcomerin ist sie eine echte Entdeckung und wird mittlerweile zu Recht mit der jungen Tilda Swinton verglichen.
Mit »My Summer of Love«, inspiriert von Helen Cross' gleichnamigem Roman, kündigt sich einer der Höhepunkte dieses Kinosommers an.

Artikel vom 30.06.2005