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Ein Treffen nach 35 Jahren

Klaus Rahe aus Versmold lernt Fußball-Idol Pelé kennen

Von Stephan Arend
und Sören Voss (Foto)
Frankfurt (WB). Selbst Coca Cola ist in der ganzen Welt nicht so bekannt wie Pelé. Der dreifache Weltmeister gilt als bester Fußballer aller Zeiten. Alle kennen Pelé. Der Versmolder Klaus Rahe zählt zu den wenigen Menschen, die ihn kennengelernt haben - gestern im Steigenberger Hotel in Frankfurt.

Schon vor 35 Jahren waren der Fußballstar aus Brasilien und der zehnjährige Klaus miteinander verabredet. Der Bild-Zeitung gelang es nach dem Finale der WM 1970, in den Besitz der Schuhe des umjubelten Pelé zu kommen. »Die Schuhe sind für einen bestimmt, der den Fußball liebt.« Mit dieser Schlagzeile startete BILD eine bundesweite Suchaktion.
Aus tausenden von Bewerbungen suchten die Reporter - wie berichtet - die aus Versmold (Kreis Gütersloh) heraus. Dort spielte ein kleiner blonder Junge, der noch mehr Tore schoss als sein Idol - 68 Treffer in 14 Partien. Pelé sollte seine Schuhe nach der WM bei der Mexiko-Party der deutschen Nationalelf dem kleinen Klaus persönlich überreichen. Doch seine Frau erkrankte, und der WM-Held blieb bei ihr in Brasilien. Günther Netzer übernahm seinen Part.
Gestern holte Pelé sein Versprechen nach. 35 Jahre hat Klaus Rahe auf diesen Moment gehofft. Was sind da schon die 35 Minuten, die der Superstar auf sich warten lässt. Trotz Terminstress, trotz der drei Bodyguards: Pelé zeigt sich von seiner menschlichen Seite. Die Umarmung ist herzlich, er lässt sich Zeit. Die Autogramme schmückt er mit persönlichen Widmungen - für Klaus Rahe, für seine Tochter Anna-Lena, für seine Frau Rita. »Rita, so heißt auch eine Nichte von mir.« Mit seiner guten Laune nimmt er dem Gegenüber die Nervosität: »Wenn wir uns im nächsten Jahr bei der WM wiedersehen, spreche ich deutsch.«
Gibt es wirklich ein Wiedersehen? Daran mag Klaus Rahe in diesem Moment keine Gedanken verschwenden. Jetzt zählt nur der Augenblick: »Ich bin total bewegt. Was ich empfinde, kann ich mit Worten gar nicht ausdrücken.«
Genau wie Klaus Rahe, der seit der Aktion der Bild-Zeitung von seinen Teamkollegen Pelé gerufen wird, sich heute als E-Jugendtrainer für den Nachwuchs engagiert, kümmert sich der richtige Pelé in seiner Fußballschule in Santos um junge Talente. »Das mache ich, bis ich 100 bin.« Doch auch abseits des grünen Rasens gibt es genug Betätigungsfelder. Pelé ist als Botschafter des Sports bei zahlreichen Gelegenheiten für sein Land, die UN und UNICEF eingetreten. Er war in Brasilien Sportminister, wagte sogar Ausflüge ins Film- und Musikgeschäft.
Im richtigen Leben lassen sich allerdings nicht alle Probleme umdribbeln. Pelés Sport- und Marketingfirma floppte, sein Sohn war in Drogengeschäfte verwickelt. Da vergoss der Vater Pelé Tränen. Um so wichtiger ist es für ihn, seiner Vorbildfunktion gerecht zu werden: »Jedes Kind der Welt will beim Fußball sein wie Pelé. Ich will zeigen, wie man ein guter Fußballer wird - aber auch, wie man ein guter Mensch wird.«

Artikel vom 30.06.2005