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Dem Bild des Menschen gewidmet

Kunsthalle würdigt Herbert Volwahsen mit einer Skulpturen-Ausstellung

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Ende gut, alles gut. Aller Disput um den Verbleib des Merkur-Brunnens von Herbert Volwahsen scheint vergessen. Die Witwe des Künstlers verzichtete auf eine einstweilige Verfügung und regte statt dessen eine Ausstellung mit Werken ihres 1988 verstorbenen Mannes in der Kunsthalle an. Voilà: 15 Bronze-Skulpturen sind von heute an im Foyer des Verwaltungstraktes zu sehen.

Die in Windeseile konzipierte Ausstellung bot eine gute Gelegenheit, sich mal wieder mit dem Depot zu beschäftigen, sagt die stellvertretende Leiterin der Kunsthalle, Dr. Jutta Hülsewig-Johnen. Immerhin vier Bronzen, entstanden Ende der 50er Jahre, befinden sich im Besitz der Kunsthalle: »Balance«, »Fußwaschende«, »Paar« und »Rückblickender« wurden von Dr. Gustav Vriesen, dem einstigen Leiter des Kunsthauses und Kollegen von Herbert Volwahsen an der Werkkunstschule Bielefeld, angekauft.
Im Besitz des WESTFALEN-BLATTS befindet sich ein Modell des Merkur-Brunnens, das ebenfalls als Leihgabe in die Ausstellung einfloss. Die restlichen gezeigten Werke entstammen dem Volwahsen-Nachlass und entstanden zwischen 1960 und 1970.
Volwahsens Werk ist gänzlich dem Bild des Menschen gewidmet und stets an der menschlichen Gestalt orientiert. In einer strengen, sämtliche Details auf ihre Grundform reduzierende Formsprache zeigt er oft Figuren biblischer und mythologischer Thematik. Aber auch Alltagsgestalten treten auf, Figuren in kontemplativer Versunkenheit, Trauernde und Mahnende ebenso wie das sich umarmende Liebespaar.
Volwahsens abstrahierende, aber nie ungegenständliche Gestaltungsweise steht formal und inhaltlich in der Tradition der deutschen figuralen Skulptur seit Barlach und Kollwitz. Es reflektiert, gleichsam weitergeführt in einen höheren Grad an Abstraktion, vor allem bildhauerische Positionen der Nachkriegszeit, wie sie im Schaffen von Georg Kolbe und insbesondere von Gerhard Marcks, mit dem Volwahsen gut bekannt war, formuliert sind.
Der 1906 in Schellendorf, Schlesien, geborene Künstler leitete von 1956 bis 1964 die Bildhauerabteilung der Bielefelder Werkkunstschule. Bis 1972 war er in gleicher Funktion an der Fachhochschule Dortmund tätig. Mit der Pensionierung ließ sich Volwahsen in Murnau nieder, wo er bis zu seinem Tod lebte.
Die von Volwahsen eigens für den Alten Markt geschaffene Bronzefigur des Merkur gehört seit 1962 zum Stadtbild. Der über dem Wasser schwebende Gott der Kaufleute und Diebe war über vier Jahrzehnte hinweg vielen Bürgern ein vertrauter Anblick. Im Zuge der Altstadtsanierung stifteten Bürger einen neuen Brunnen für den Platz. Der Verbleib des Merkur-Brunnens, der jetzt auf dem Bunnemannplatz positioniert wurde und der heute um 15 Uhr offiziell wiedereingeweiht wird, sorgte in den zurückliegenden Monaten für zum Teil hitzige Diskussionen.

Artikel vom 28.06.2005