28.06.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Ich will selbst
ein Vorbild sein«

Zehnkampf-Hoffnung André Niklaus

Ratingen (dpa). Eine neue Hoffnung in einer alten Disziplin: Der Berliner André Niklaus entwickelt sich zu einer Vorzeigefigur des kriselnden deutschen Zehnkampfs.
Der Zehnkämpfer André Niklaus: starker Auftritt.

»Ich habe keine Vorbilder, sondern will selbst ein Vorbild sein«, sagte der 23 Jahre alte Sportsoldat kess und selbstbewusst nach seinem Sieg beim Mehrkampf-Meeting in Ratingen.
Mit 8193 Punkten übertraf er mit persönlicher Bestleistung zum zweiten Mal in dieser Saison die Norm für die Weltmeisterschaft im August in Helsinki, wo er einziger Starter des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) sein wird. »Das macht mir nichts aus. Ich kenne das schon von der WM 2003. Da bin ich mit 8020 Punkten immerhin Achter geworden«, so Niklaus.
Für seinen zweiten WM-Auftritt hofft er auf ein ähnliches Resultat. »Mein Ziel sind 8200 Punkte, und damit steht man als Deutscher nicht schlecht da«, sagte der smarte Hobby-Surfer und Amerika-Fan. Doch Helsinki soll für ihn nur eine Zwischenstation sein. »Ich bin zwei Mal U23-Europameister geworden, hey, da sehen wir uns bei der WM 2009 in meiner Heimatstadt Berlin bestimmt noch«, prophezeit Niklaus und fügte an: »Im Zehnkampf ist man mit 27 oder 28 Jahren erst richtig top. Gebt mir also noch etwas Zeit.«
Am liebsten würde er mit zwei Mitstreitern, die im Moment im deutschen Zehnkampf-Lager noch nicht in Sicht sind, schon ein Jahr vorher bei den Olympischen Spielen in Peking zuschlagen. »Dort mit drei Leuten antreten und einer holt eine Medaille, das wäre was.«
Dass er zunächst allein das DLV-Zugpferd in der Königsdisziplin sein muss, macht ihm nichts aus. »Ich bin da so reingekommen und habe damit keine Probleme«, sagte Niklaus, der die Zuschauer zu begeistern vermag. »Dass ich die Show liebe wäre falsch. Ich lasse aber die Gefühle raus und finde einen Konsens zwischen Sportler und Publikum.« Begeistert vom aufstrebenden Athleten von der Spree ist Paul Meier, der WM-Dritte von 1993 und Präsident des Zehnkampf-Teams: »Auf alle Fälle ist er ein Gewinn für die Zehnkampf-Szene. Er ist eloquent, kann sich gut darstellen und sieht auch noch gut aus.«
Zurückhaltend ist Niklaus, der sich als Baby mit kochendem Wasser 70 Prozent der Haut verbrannt hat, mit den Prognosen über sein Leistungspotenzial. »Ich muss ehrlich zugeben: 9000 Punkte sind für mich wohl zu weit weg. Aber Frank Busemann hat ja 1996 bei den Spielen in Atlanta mit seinen 8700 Punkten auch eine Olympia-Medaille geholt, das ist realistischer«, blickt er nach vorn.

Artikel vom 28.06.2005