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Ein Dutzend Opern
nach klassischer Art

Komponist Giselher Klebe wird morgen 80 Jahre alt

Von Dieter Lechner
Detmold (dpa). »Vielleicht auch noch eine Oper, wenn mir dazu die Kraft gegeben ist.« Der das so bescheiden sagt, gehört zu den erfolgreichsten zeitgenössischen deutschen Komponisten. Er heißt Giselher Klebe, lebt in Detmold und wird morgen 80 Jahre alt.

Zu seinem Ehrentag wird ihm die Musikhochschule in Detmold, an der der gebürtige Mannheimer seit 1957 Komposition lehrte, ein Sonderkonzert widmen - mit vielen Überraschungen, wie es heißt. Klebe gehört nicht zu den schrillen Avantgardisten, sondern schätzt eher den vielleicht konventionell wirkenden Musikstil. Zum 400-jährigen Bestehen der Lippischen Landeskirche vollendete er vor kurzem eine Vertonung des 104. Psalms in einer Übertragung von Walter Jens und schrieb mehrere kammermusikalische Werke, darunter ein Klaviertrio.
Klebe kann schon jetzt auf ein imponierendes Lebenswerk zurückblicken. Es umfasst sowohl Kammermusik und vielschichtige Orchesterkonzerte wie Ballette und große Opern. Dabei hat sich Klebe nie auf eine bestimmte Stilart festgelegt. Der Mozartverehrer studierte nach dem Zweiten Weltkrieg bei Boris Blacher in Berlin, gesellte sich aber weder zu den Atonalen oder den Kölner »Elektronikern« noch zu den Puristen der Zwölfton- oder seriellen Musik. In einem Interview gestand er, er habe immer verschiedene Stile vereinen und eine Symbiose aller musikalischen Parameter finden wollen zwischen Harmonik, Melodik, Rhythmus und Tempo. Für ihn gebe es zwischen alter und neuer Musik auch keinen Bruch.
Die so genannte Zwitschermaschine nach einem gleichnamigen Bild von Paul Klee brachte Klebe bereits 1950 den ersten Durchbruch. Die Literatur inspirierte ihn zu seinen Frühwerken, ob Emmanuel Geibel, Goethe oder Heinrich Böll und Peter Härtlin. Und das knappe Dutzend Opern, die ihn auch einem breiteren Publikum vertraut machten, basierte ohne Ausnahme auf klassischen oder modernen dramatischen Vorlagen. Meist schrieb er die Libretti selbst, so 1957 zu Schillers »Räuber« oder zwei Jahre später zu Shakespeares »Die Ermordung Cäsars«. In diesen Jahren kamen unter anderem »Alkmene« von Kleist und Werfels »Jakobowsky und der Oberst« hinzu, das zusammen mit Ödön von Horvaths »Der jüngste Tag« und Zuckmayers »Fastnachtsbeichte« von 1983 zu den größten Erfolgen des Komponisten gehörte.
Der inzwischen verstorbene bayerische Staatsintendant August Everding inszenierte Klebes Vertonung des Zola-Romans über die Wäscherin »Gervaise Macquart« noch als Geburtstagsgeschenk zum 70. an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf.

Artikel vom 27.06.2005