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Selbstständig
aktiv sein

Geistes- und Sozialwissenschaftler haben ein Problem. Nach dem Abschluss können sie alles, aber irgendwie auch nichts (Richtiges) machen. Geistes- und Sozialwissenschaftler haben aber auch eine Chance. Denn gerade dadurch, dass ihr Studiengang das Berufsfeld nicht von Beginn an vorgibt, eröffnen sich ihnen zahlreiche Möglichkeiten.

Der Weg in die Selbstständigkeit kann ein attraktiver sein, sofern er denn mit der richtigen Ausrüstung begangen wird. Wie, das zeigt der Ratgeber »Selbstständig arbeiten als Geistes- und Sozialwissenschaftler« von Claudia Ziehm, der im W. Bertelsmann Verlag erschienen ist.
Wer sein eigner Herr sein möchte, der muss - klar - nicht nur fachlich fit sein. Behördengänge, Finanzen und Versicherungen regeln, Kunden gewinnen, sich selbst organisieren und vielleicht sogar Mitarbeiter einstellen - all das gehört zum Aufgabenfeld. Das bietet, wie die Autorin selbst in ihrem Vorwort bemerkt, natürlich mehr Gestaltungsfreiheit, verlangt aber auch nach mehr Informationen, Beratung und betriebswirtschaftlichem Wissen.
Hier setzt das Buch mit einer gelungenen Mischung aus Theorie und Praxis an. Im ersten Teil führt es Schritt für Schritt durch den Dschungel der Existenzgründung: Welche Chancen bietet die Selbstständigkeit? Welche Voraussetzungen sollte man mitbringen? Welche Berufsfelder bieten sich an? Wie erstellt man einen Business-Plan? Wie finanziert man den Start, welche Behördengänge, Steuern und Versicherungen sind nötig? Wie findet man Kunden, baut Netzwerke auf und organisiert den Arbeitsalltag?
Der zweite Teil zeigt, wie andere es gemacht haben. Eine Theologin ist 15- bis 20-mal im Jahr als Reiseleiterin in der Welt unterwegs und darf sich dennoch Mutter dreier Kinder nennen. Eine Literaturwissenschaftlerin hat während des Studiums Erfahrungen als Korrektorin und Publizistin gesammelt und arbeitet heute selbstständig in diesem Bereich - wohl gemerkt aber mit einem festen Halbtagsjob als Absicherung. Ein Kulturwirt als Unternehmensberater, eine Politologin als Meinungsforscherin, ein Psychologe als Yogalehrer, eine Sprachexpertin im Wellness-Laden, ein Diplom-Journalist im Medienbüro und eine Pädagogin als Trainerin sind weitere Beispiele für Erfahrungsberichte.
Das Gute daran: Die Tätigkeit als Freiberufler wird nicht nur von ihrer rosaroten, sondern auch von ihrer Schatten-Seite dargestellt, die bei falscher Planung schnell die Oberhand gewinnen kann. Denn über eines sollte man sich vor weiteren Schritten überlegen: Ist selbstständiges Arbeiten das Richtige und hat man überhaupt das Zeug dafür? Nach der Lektüre gibt es zumindest theoretisch Gewissheit. (LL)

Artikel vom 05.07.2005