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Keine Angst vor der Praxis:
Viele Studis nutzen ihre Chance

Was macht der umsichtige Student in den Ferien, pardon in der vorlesungsfreien Zeit? Er schreibt Hausarbeiten, bereitet sich auf das kommende Semester vor oder - noch besser - absolviert ein Praktikum. Denn das ist immer schön und gut. Oder doch nicht? Welche Erfahrungen sie mit Praktika gemacht haben und ob der Berufswunsch dadurch bestätigt oder zumindest skizziert wurde, das fragte Laura-Lena Förster die Bielefelder Studenten.

Jana Kaiser war sich sicher. Und ist es noch immer. Die zwei Praktika, die sie freiwillig absolvierte, brachten der 26-Jährigen sehr viel für ihre berufliche Orientierung. »Ich weiß jetzt, dass ich im Bereich Kunst/Kunstvermarktung arbeiten möchte«, erzählt die Studentin der Philosophie, Literatur und Kunst. Derzeit ist sie mit ihrer Magister-Arbeit beschäftigt. Sollte sich nach dem Abschluss keine Stelle finden, ist sie durchaus bereit, noch ein Praktikum zu machen.
Auch Silke Scheeles Fazit ist positiv. Zumindest, was ihre Praktika an der Uni betrifft. »In der Schulzeit haben sie mir noch weniger gebracht, dafür waren sie später um so besser.« Nach Examen und Referendariat möchte die 30-Jährige Deutsch und Sozialwissenschaft unterrichten. Gerade als Lehrer müsse man schauen, ob man vor einer Klasse bestehen könne.
So konkret sind Lea Kramers Erwartungen an ein Praktikum noch nicht. Eines hat sie bislang in einem Unternehmen gemacht. Weitere sollen folgen. Grundsätzlich befürwortet die angehende Betriebswirtin die Möglichkeit, sich beruflich zu orientieren, so lange das Studium noch nicht unter Dach und Fach ist.
Ähnlich sieht es Anna Tecklenborg, ebenfalls 21. Vier Praktika bereichern bereits ihren Lebenslauf - und das nicht nur auf dem Papier. »Ich wollte mich in verschiedenen Berufsfeldern informieren und daraus Perspektiven entwickeln«, sagt die Studentin der Diplom-Pädagogik. An der Hauptschule ist ihr das als Sozialarbeiterin, später am Ästhetischen Zentrum gelungen.
An der Berufswelt schnuppern möchte Stephanie Imort auch gerne. Sie weiß nur nicht wie und wann. »Mein Studium ist so vollgepackt. Keine Ahnung, wo ich dort noch ein Praktikum unterbringen soll«, sagt die 21-jährige Psychologin in spe. »Nach der Schule ging es angeblich aus Gründen des Datenschutzes nicht, und jetzt werden die bevorzugt, die schon im Hauptstudium sind.«
Eine völlig andere Meinung hat Sascha Fast zu Praktika. Er sieht sie nicht als Chance, sondern als Zeitverschwendung. Zwei Versuche hatte er während der Schulzeit, seine Bilanz: »Es hat nichts gebracht.« Um weitere Plätze bemühen will sich der 21-Jährige nicht. »Mit meiner Fächerwahl werde ich es aber wohl müssen: Deutsch als Fremdsprache und Geschichte.«
Sein Kommilitone kann ihm nur beipflichten. Auch er sieht es nicht ein, seine Zeit für Aktivitäten zu verschwenden, zu denen er keine Lust hat. »Ich interessiere mich für ganz andere Dinge«, sagt Nikolaus Günther, der ebenfalls Deutsch als Fremdsprache, aber in der Kombination mit Sozialwissenschaft studiert. Unter einer Bedingung würde der 20-Jährige seine Haltung überdenken: »Sollte ich eines Tages tatsächlich unterrichten, macht ein Praktikum vielleicht sogar Sinn.« Darüber, was sie später einmal machen soll, muss sich Jana Trumann (32) keine Gedanken machen. Sie hat eine Stelle als wissenschaftliche Hilfskraft an der Fakultät für Pädagogik. Ihr Tipp: »Wer ein Praktikum macht, sollte darauf achten, dass es seinen Interessen entspricht.« Sie selbst ist »ihrem« Bereich nämlich nach einem Praktikum an der VHS Bielefeld auch treu geblieben.
Das wird Johanna Botzkowski sicherlich nicht. Ihr Engagement in einer Tauchschule auf Gran Canaria war »absolut abschreckend«. »Ich wurde dort nur ausgenommen und musste die Drecksarbeit ohne Entlohnung erledigen«, erinnert sich die 21-Jährige noch genau. Aus Stolz hat sie die eineinhalb Monate durchgezogen und daraus Mut für einen weiteren Versuch geschöpft. »Für den Sommer plane ich ein Praktikum in einer Surfschule«, sagt die Studentin der Erziehungswissenschaft.

Artikel vom 05.07.2005