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Geizkragen kauft Markenware

Miele, Oetker, Melitta & Co. behaupten sich mit Preis-Wertigkeit

Von Bernhard Hertlein
Bielefeld/Gütersloh/Minden (WB). Wohl dem, dessen Produkte oder Dienstleistungen zu »Markenzeichen« geworden sind. In »Geiz-ist-geil«-Zeiten profitieren sie in besonderer Weise vom Vertrauen der Verbraucher. Diese wissenschaftliche These haben Markenhersteller aus Ostwestfalen bei einer Umfrage bestätigt.

»Wer geizig ist und rechnen kann, kauft Miele«, sagt der Pressesprecher des Gütersloher Hausgeräte-Herstellers, Theodor Siepert. Auch wenn eine Waschmaschine, ein Geschirrspüler oder ein Staubsauger von Miele in der Anschaffung zunächst teurer sei, so rechne sich dies doch durch weniger Reparaturen und eine drei bis vier Mal längere Lebensdauer. Die Kunden wüssten das zu schätzen: 92 Prozent der Miele-Kunden entschieden sich beim Wiederkauf erneut für Miele. Trotz Konsumflaute konnten die Gütersloher so in dem am 30. Juni zu Ende gehenden Geschäftsjahr im In- und Ausland den Umsatz steigern.
»Markenbekanntheit ist die einzige Stütze«, sagt auch Frank Schiesser, Vorsitzender der Geschäftsführung Melitta-Haushaltsprodukte in Europa. Sie müsse allerdings mit wahrnehmbaren Produktvorteilen gepaart sein, die der Verbraucher schätze und für die er bereit sei zu bezahlen. Ursache der Konsumzurückhaltung seien rückläufige Einkommen und eine verbreitete Zukunftsangst. Extreme Sonderangebote wie Billigkaffeemaschinen für nur einen Euro ließen Melitta gar keine andere Wahl, als auf höherwertige Geräte zu setzen.
Die Signale vom Pkw-Markt sind zwiespältig. Im Vertrauen auf eine große Nachfrage nach Billigautos schickten Renault den Dacia Logan (7200 Euro) und VW seinen Fox (knapp 9000 Euro) ins Rennen. In Kürze folgen Citroën C1, Toyota Aygo und Peugeot 107. Dabei fuhren Smart, Panda und Ford Ka in den ersten fünf Monaten einen um zwölf Prozent unter Vorjahr liegenden Umsatz ein. Dagegen eilt Porsche von Verkaufsrekord zu Verkaufsrekord.
In der Bekleidungsbranche drückt nach Auskunft des Verbandsvorsitzenden Klaus Brinkmann (Herford, Hauptmarke Bugatti) neben der Konsumzurückhaltung vor allem die Konkurrenz der Discounter auf den Preis. Der Anteil der T-Shirts und Hosen, die bei Aldi oder Lidl verkauft werden, steigt. Der Endverbraucher honoriere jedoch, wenn Hersteller ihre Marke pflegten und die Preise glaubwürdig und stabil hielten.
Bei Dr. Oetker in Bielefeld betrachtet man die Geizwelle als »deutsches Phänomen«, unter dem vor allem die Lebensmittelhersteller zu leiden hätten. Angeführt von den Discountern komme es immer wieder zu wahren Preisschlachten. Gut, wer da eine Marke hat. Oetker-Pressesprecher Dr. Rolf Mühlmann: »Eine große Marke ist in einer Welt gesichtsloser, unbekannter ÝNo NamesÜ wie ein Leuchtturm, der Orientierung gibt.« Oetker sei es gelungen, den Umsatz stabil zu halten.
Auf einem Bekanntheitsgrad von 80 Prozent ihrer »Gutfleisch«-Geflügelwurst aufbauend kann auch Noelke (Versmold) selbstsicherer mit den Abnehmern im Handel sprechen. Erfolg: Obwohl Gutfleisch im oberen Preissegment angesiedelt ist, konnte Noelke den Umsatz im ersten Quartal 2005 um 24 Prozent steigern.
Dr. Wolfgang Ingold, Geschäftsführer der Fleischwaren-Fabrik Franz Wiltmann in Versmold, erntet nach eigenen Angaben jetzt die Früchte der vor knapp 20 Jahren gefällten Entscheidung für eine gläserne Produktion. Mit dem Vorsprung an Vertrauen bei den Kunden lasse sich eben doch ein etwas höherer Preis durchsetzen. Allerdings -Êganz abheben vom Trend könne man sich auch im hochwertigen Markensegment nicht.
Die Billig-Welle bringt es immerhin mit sich, dass sich die Verbraucher nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft heute mehr Preis-Wertes leisten können als 1991. Ein Arbeitnehmer müsse 2005 für einen Personal Computer ein Siebtel der Arbeitszeit aufwenden wie vor 14 Jahren. Ähnliches gelte für einen vergleichbaren Fernsehapparat sowie für Kaffee. Länger arbeiten müsse der Beschäftigte heute dagegen für Benzin und einen Haarschnitt.

Mit dieser 11. Folge ist die Serie beendet

Artikel vom 25.06.2005