25.06.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Ein Richter und
ein 13-Jähriger

Sexueller Verkehr: Freispruch

München (dpa). Das Amtsgericht München hat am Freitag einen österreichischen Richter vom Vorwurf des schweren Kindesmissbrauchs freigesprochen.

Der vom Dienst suspendierte 45-Jährige vom österreichischen Bezirksgericht Zell hatte nach eigenem Geständnis am Pfingstsamstag 2004 auf einer Toilette eines Erlebnisbades im oberbayerischen Bad Tölz mit einem 13-jährigen Amerikaner sexuell verkehrt. Er hatte den Jungen nach seinen Angaben aber für älter gehalten. Bei Ansicht der Video-Vernehmung des Kindes hatte auch das Gericht »spontan den Eindruck eines 14- bis 15-Jährigen«. Sex mit Jugendlichen ab 14 ist nicht mehr strafbar.
»Das Ergebnis gefällt uns nicht«, betonte Richter Stephan Kirchinger. »Wenn man sich an die Gesetzeslage hält, konnte man gleichwohl nicht anders entscheiden.« Dem Angeklagten war nur Fahrlässigkeit nachzuweisen, aber kein Vorsatz, der für einen Schuldspruch erforderlich gewesen wäre. Kirchinger stellte klar, was von dem Verhalten des Angeklagten jedoch moralisch zu halten sei: »Es war eine Riesensauerei!«
Nach Angaben des Angeklagten hatte der Junge die Initiative ergriffen. Das Gericht ging nach gut zweimonatiger Verhandlung davon aus, dass der promovierte Jurist »keine Überredungskünste anwenden musste«, um den Jungen zum Mitgehen zu bewegen.
Entschädigung für die knapp vierwöchige Untersuchungshaft bis zur Außervollzugsetzung des Haftbefehls wurde dem Angeklagten allerdings verweigert. Er habe »grob fahrlässig gehandelt und dadurch seine Verhaftung verursacht«.
Die Staatsanwaltschaft, die eine Strafe von zwei Jahren und drei Monaten gefordert hatte, wollte zunächst keine Erklärung zu dem Urteil abgeben. Der Angeklagte will »nicht Richter bleiben«. Er hoffe aber auf die Erhaltung seines Beamtenstatus. S. 4: Kommentar

Artikel vom 25.06.2005