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»Es hilft nur Therapie«

Verteidiger von Marc Hoffmann über das Verfahren

Von Manfred Schraven (Text) und Wolfram Brucks (Foto)
Paderborn/Stade (WV). Die Plädoyers sind gehalten. Am 29. Juni soll das Urteil in einem der derzeit aufsehenerregendsten Verfahren in Deutschland gesprochen werden - im Prozess gegen Marc Hoffmann, den mutmaßlichen Mörder der achtjährigen Kinder Levke und Felix.

Zum ersten Mal ging der Verteitiger von Hoffmann, der Paderborner Fachanwalt für Strafrecht, Jost Ferlings, jetzt in die Öffentlichkeit. Mit dieser Zeitung sprach er über das Verfahren, über Hintergründe und Abgründe, aber auch über den öffentlichen Druck. Besonnen und auf das Verfahren konzentriert hatte Ferlings es bis dato abgelehnt, sich über sein Mandat zu äußern. Vielleicht einer der Gründe, weshalb selbst die Eltern von Levke dem Paderborner Strafverteidiger »Augenmaß« bestätigten.
»Es war ein seriöses und ordentliches Verfahren«, bestätigte Ferlings allen Beteiligten ein hohes Maß an Verantwortung und Respekt vor der Gerichtsbarkeit. Mag es noch so grotesk klingen, alle bewegte laut Ferlings dieselbe Sorge: »So etwas darf und soll nie wieder passieren. Selbst sein Mandant habe darum gebeten, dafür alle psychischen und medizinischen Mittel einzusetzen. Ein Mandant, der im übrigen durch das Gutachten von Professor Leygraf volle Schuldfähigkeit attestiert bekommen hat - eine Voraussetzung für eine mögliche lebenslange Haftstrafe mit anschließender Sicherheitsverwahrung.
Jost Ferlings indessen setzt auf Therapie, will durch ein »schuldunfähig« den Maßregelvollzug in einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt. Ferlings: »Auch im Rahmen der Sicherungsverwahrung ist eine Entlassung nicht ausgeschlossen. Dann aber geht Marc Hoffmann im Gegensatz zur psychiatrischen Behandlung untherapiert in die Freiheit.«
Fehrlings, der von der Mutter Marc Hoffmanns auf Empfehlung von Anwaltskollegen mit dem Mandat betraut wurde, weiß seit diesem Verfahren aber auch von Abgründen zu berichten, die sich der Normalbürger kaum vorstellen kann. Dies gelte für die Schilderung der Tat durch Hoffmann, der kein Mitgefühl zu kennen scheine, aber auch für Außenstehende, die ihn mit Telefonterror belegt hätten. »Drohungen und Beschimpfungen haben enormen Druck erzeugt«, so Ferlings. »Die wollen nicht, dass Hoffmann einen Prozess bekommt, die wollen, dass er hängt.« Ferlings zur Mandatsübernahme: »Ich bin Strafverteidiger mit ganzem Herzen. Und das ist keine Identifizierung mit der Tat.« Auf die Frage, weshalb er so strickt die öffentlichen Auftritte gemieden hat sagt er: »Cui bono - wem nützt es? Doch höchstens mir, der Karriere als Strafverteidiger, und nicht meinem Mandanten . . .«

Artikel vom 25.06.2005