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Hat die Frist eingehalten: Gerhard Schröder.

Schröder sucht Niederlage

Abstimmung über Vertrauensfrage beantragt - Grüne unentschlossen

Berlin (dpa). Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat gestern bei Bundestagspräsident Wolfgang Thierse fristgemäß eine Abstimmung über die Vertrauensfrage beantragt.

In dem Schreiben heißt es: »Gemäß Artikel 68 des Grundgesetzes stelle ich den Antrag, mir das Vertrauen auszusprechen. Ich beabsichtige, vor der Abstimmung am Freitag, dem 1. Juli 2005, hierzu eine Erklärung abzugeben.« Damit hat Schröder die Frist eingehalten, wonach der Antrag 48 Stunden vor der Abstimmung beim Parlamentspräsidenten vorliegen muss. Sein Ziel ist, über eine Niederlage den Weg für eine Neuwahl des Bundestages ein Jahr vor dem regulären Wahltermin freizumachen
Die Grünen haben ihr Abstimmungsverhalten für die Vertrauensfrage zwar noch nicht abschließend festgelegt. Doch wollen sie einer Neuwahl nicht im Wege stehen. Dem Vernehmen nach wollen sich die Grünen-Minister in Schröders Kabinett bei der Stimmabgabe so verhalten wie die SPD-Minister. Als ein möglicher Weg gilt die Enthaltung der Minister bei der Abstimmung über die Vertrauensfrage. Bereits damit wäre die knappe Mehrheit von Rot-Grün im Bundestag dahin.
Außerdem will SPD-Fraktionschef Franz Müntefering die SPD-Abgeordneten dazu »einladen«, sich bei der Vertrauensabstimmung zu enthalten. »Ich werde nicht dazu auffordern, sondern meine Linie deutlich machen. Und dies ist die Enthaltung«, sagte der Parteichef gestern Abend in Berlin. Von den 601 Bundestagsabgeordneten stellen SPD und Grüne zusammen 304. CDU/CSU haben 247, die FDP 47 Abgeordnete. Von den drei fraktionslosen Abgeordneten gehören zwei der PDS an.
Der Kanzler will seine Kabinettsmitglieder morgen in einem Ministergespräch unterrichten. Am Donnerstag will er die Koalitionsspitzen informieren. In der Öffentlichkeit will der Kanzler vor dem 1. Juli keine Details nennen.
»Wir wollen jetzt, dass diese Richtungsentscheidung herbeigeführt wird, wir wollen, dass der Weg zu Neuwahlen beschritten werden kann, und werden im Rahmen der Verfassung unseren Teil dazu beitragen«, sagte Grünen-Chef Reinhard Bütikofer nach Beratungen des Parteirats.
Die Union geht fest davon aus, dass Schröder an diesem Freitag im Bundestag das Misstrauen ausgesprochen wird. »Herr Schröder ist auf der Suche nach Misstrauen, und er wird es auch erhalten«, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Norbert Röttgen (CDU).
Wird dem Kanzler am 1. Juli das Vertrauen entzogen, kann er dem Bundespräsidenten die Auflösung des Parlaments vorschlagen. Dann muss Köhler innerhalb von 21 Tagen entscheiden, ob er den Bundestag auflöst.
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Artikel vom 28.06.2005