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Geboren wurde Dr. Klaus Walaschewski 1940 in Siegen. Nach dem Besuch der Volksschule machte er eine Lehre zum Maurer, die er 1957 abschloss. Während der Arbeit auf dem Bau, bzw. als Packer und Lagerist holte er die mittlere Reife und das Abitur nach. 1965 begann er das Physik-Studium in Bonn. Nach dem Diplom 1971 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Strömungsforschung in Göttingen, wo er 1976 auch promovierte. In den Schuldienst kam Walaschewski im selben Jahr. Nach der Referendariatszeitkam er 1977 an das Gymnasium in Heepen. Dort war er 15 Jahre tätig. 1992 trat er seine Direktorenstelle am Brackweder Gymnasium an. Jetzt geht er in den Ruhestand, wird an diesem Samstag verabschiedet. Klaus Walaschewski ist verheiratet und hat zwei Kinder und drei Enkelkinder.Foto: Thomas Bertz

»Man muss auch Altes über Bord werfen«

Ein Gespräch mit Klaus Walaschewski, scheidender Direktor des Brackweder Gymnasiums

Brackwede (WB). An diesem Samstag ist die offizielle Verabschiedung von Dr. Klaus Walaschewski, Direktor des Brackweder Gymnasiums. Im Vorfeld hat sich WB-Mitarbeiter Thomas Bertz mit dem Schulleiter über die Schule und seine 13 Jahre im Bielefelder Süden unterhalten.

Wie lautet die Bilanz Ihrer Zeit am Brackweder Gymnasium?
Klaus Walaschewski: »Die Bilanz ist durchaus positiv. 13 Jahre sind eine lange Zeit, und ich habe zusammen mit dem Kollegium einiges bewirkt. Auch wenn die tägliche Pflichtarbeit immer mehr geworden ist, haben wir darüber hinaus einiges - auch angeregt von außen - erreicht.«
An was denken Sie da konkret?
Klaus Walaschewski: »Da ist zum Beispiel die Einrichtung der Sportklasse. Wir haben auch gute Projekte wie das der Streitschlichter eingeführt oder das Teutolab. Hier führen unsere Lehrer gemeinsam mit den Grundschulen die Kinder an Chemie heran und machen so naturwissenschaftliche Nachwuchsausbildung.«
Durch das »Teutolab« scheint es so, dass sich das Brackweder Gymnasium in Richtung einer von den Naturwissenschaften geprägten Schule entwickelt hat. Haben Sie auf dieses Profil hingearbeitet oder wie ist es dazu gekommen?
Klaus Walaschewski: »Das Profil hat sich im Laufe der Zeit herausgebildet, das lag aber auch an den Zeitströmungen. Das Brackweder Gymnasium war eigentlich immer auf der einen Seite sprachlich und auf der anderen Seite naturwissenschaftlich geprägt. Das Sprachliche ist zurzeit nicht so im Blickfeld, hat aber nach wie vor große Bedeutung.«
Als wichtiges Projekt haben Sie die Sportklasse genannt, die es seit 2001 gibt. Wie kamen Sie zu dieser Idee?
Klaus Walaschewski: »Wir hatten ja immer Leistungssportler. Wir hatten den Eindruck, dass Schüler wegen Wettkämpfen Unterricht versäumten und der nachgearbeitet werden musste. Auf Anregung der Eltern haben wir dann eine Klasse installiert, in der Leistungssportler die Garantie haben, dass sie aufgefangen werden und Rücksicht auf die Bedürfnisse genommen wird.«
Mit der Sportklasse hat ja auch die Übermittag-Betreuung am Brackweder Gymnasium Einzug erhalten. Ist das heute ein notwendiges Angebot vor dem Hintergrund der Änderungen in der Gesellschaft?
Klaus Walaschewski: »Das ist ein wesentliches Projekt, das mit der Sportklasse zusammenhängt. Die Schüler, die nach ihrem Unterricht eine AG oder ein Training haben, müssen betreut werden. Das haben wir eingeführt. Es ist aber offen für alle. Das ist ein völlig neues Gefühl, wenn es mittags in der Schule nach Essen riecht, aber ich glaube, das ist die Zukunft. Die Mittagsbetreuung ist ungeheuer wichtig. Neben dem Essen bieten wir eine Hausaufgabenhilfe an und es gibt Sporthelfer. Das wird vielfältig genutzt.«
Entwickelt sich das Brackweder Gymnasium damit zur Ganztagsschule?
Klaus Walaschewski: »Das ist zumindest so eine Art Vorstufe.«
Muss denn Schule heutzutage solche Angebote machen und sich in Richtung Ganztagsschule entwickeln?
Klaus Walaschewski: »Ich glaube schon. Es gibt immer wieder Eltern, die nach Gelegenheiten für Essen und Nachmittagsbetreuung fragen. Wir bieten da eine Alternative für die berufstätigen Eltern und die modernen Formen des Lebens.«
Ist diese Mittagsbetreuung auch eine Möglichkeit, auf den Schock der PISA-Studie zu reagieren oder müssten da noch ganz andere Dinge passieren?
Klaus Walaschewski: »PISA war natürlich auch bei uns ein großes Thema. Es wurde durch die Studie festgestellt, dass Schule in manchen Bereichen reformiert werden muss. Das betrifft das Gymnasium nur in wenigen Punkten. Aber auch bei uns im Unterricht musste sich etwas ändern: weg vom formalen Erlernen hin zum Lernen von Fähigkeiten, die immer da sind und nicht nur vor einer Klassenarbeit. Das klappt aber gut. Ich sehe da durchaus eine Entwarnung.«
Sie haben gesagt, dass die Schule ein starkes Profil hat, dass es viele Projekte gibt. Hinterlassen Sie ihrem Nachfolger auch Baustellen, die abgearbeitet werden müssen?
Klaus Walaschewski: »Ja, denn man kann ja alles verbessern. Es muss immer wieder überlegt, neu durchdacht und verbessert werden, damit neue Dinge dazukommen. Eventuell muss man dann Altes über Bord werfen. Es gibt auch Dinge, die wir nicht geschafft haben, aber das hängt immer von der Personalsituation ab. Wir sind eine kleine Schule und fast jeder Lehrer hat eine oder mehrere Sonderaufgaben. Da kann man nicht alles schaffen.«
Das Brackweder Gymnasium ist eine kleine Schule. Ist seine Position als so genanntes Vorstadt-Gymnasium eher Chance oder Schwierigkeit?
Klaus Walaschewski: »Es ist Beides. Auf der Problemseite ist es so, dass wir etwas von den Verkehrsströmen abgekoppelt sind und viele einfach in Richtung Innenstadt fahren. Wir liegen am Rande und können schlecht kooperieren. Das bewirkt, dass die Schülerzahl kleingeblieben ist. Das ist ein gewisser Nachteil, besonders in der Oberstufe. Da kann man nur bestimmte Kurse machen, aber auch da kann man sich ein Profil suchen, wie etwa Chemie. Dadurch sind wir lebensfähig.«
Aber es gibt doch sicher auch Vorteile?
Klaus Walaschewski: »Ja, natürlich. Ich kenne fast jeden Schüler und die meisten auch mit Namen. Das ist etwas anderes als an einer Riesen-Schule. Bei uns ist es ganz familiär.«
Ist das ein Pfund mit dem Sie wuchern können, dass Eltern ihre Kinder wegen der Atmosphäre nach Brackwede schicken?
Klaus Walaschewski: »So sollte man eigentlich denken, aber die Eltern haben auch andere Aspekte, die sie bedenken. Das ist wie eine Art Waschmittel-Reklame. Oft hängt es von den Schülern ab: Wo ein paar hingehen, da will dann auch der Rest hingehen.«
Wie geht es denn mit Ihnen privat weiter nach den Sommerferien? Haben Sie schon wieder einen vollen Stundenplan oder wollen Sie erstmal ausspannen?
Klaus Walaschewski: »Man muss ja das Gehirn trainieren. Deshalb habe ich mir etwas ausgesucht, was ich schon immer machen wollte und das mich fit hält. Für die eine Gehirnhälfte werde ich italienisch lernen. Das kann ich beim Wandern durch die Alpen sehr gut gebrauchen.
Die andere Hälfte wird mit dem Cello-Spiel, das ich früher konnte, aber aufgeben musste, ausgelastett. Ich werde mir einen Lehrer für Privatunterricht nehmen. Damit bleibt der Stundenplan vermutlich voll.«

Artikel vom 25.06.2005