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Mönche werden meistens alt

Männer,
geht doch
ins Kloster!


Von Ellen Grundmann
Wir werden immer älter. Das Bundesgesundheitsministerium hat's verkündet: Ein Junge, der heutzutage in Deutschland geboren wird, besitzt eine durchschnittliche Lebenserwartung von 75,6 Jahren. Ein Mädchen bringt es gar auf 81,3 Jahre. 1901 lag die Lebenserwartung noch bei 44,8 beziehungsweise 48,3 Jahren. Verbesserte Lebensbedingungen und natürlich die Fortschritte in der Medizin sind verantwortlich für ein immer länger währendes Leben. Aber warum läuft die Lebensuhr für die Herren der Schöpfung eigentlich früher ab als für die Frauen? In Deutschland beträgt der Unterschied gut sechs Jahre. Natürlich sind die biologischen Faktoren von Bedeutung, da sind sich die Wissenschaftler einig. Aber sind es ausschließlich die Hormone und die Gene? Es galt zu klären, welchen Einfluss verhaltens- und umweltbedingte Faktoren auf die Lebenserwartung haben. Der ganz persönliche Lebensstil des Einzelnen: wie ernährt man sich, wird den Zigaretten oder dem Alkohol gefrönt, führt man ein stressiges Leben, wird die Gesundheitsvorsorge in Anspruch genommen? Hört sich leichter an als es ist, denn schließlich gibt es heutzutage ebensoviele Frauen wie Männer, die leidenschaftlich rauchen und dem Alkohol zusprechen. Und es sind nicht mehr nur die Männer, die Stress im Job haben. Frauen ergeht es nicht anders. Den Wissenschaftlern fiel der Vergleich schwer, und so konnten sie lange Zeit keine Aussage darüber treffen, wie stark sich der Lebenswandel tatsächlich auf die Lebensdauer auswirkt.
Bis Prof. Dr. Marc Luy, Juniorprofessor für Demographie, die zündende Idee hatte: Er machte sich auf die Suche nach Menschen, die unter beinahe identischen Bedingungen leben - und fand sie im Kloster. Nonnen und Mönche plagen weder finanzielle Sorgen noch Beziehungskonflikte, sie müssen sich nicht um die Erziehung eigener Kinder kümmern, und Stress und Konkurrenzkampf sind ihnen fremd. In dieser Bevölkerungsgruppe hängt die Lebenserwartung fast ausschließlich von biologischen Faktoren ab, denn die Lebensumstände sind nahezu identisch.
Prof. Dr. Marc Luy kam zu einem eindeutigen Ergebnis: Männliche Geistliche leben im Durchschnitt nur ein bis zwei Jahre kürzer als Nonnen, die im übrigen genauso alt werden wie Frauen, die nicht im Kloster leben.
Damit ist's doch wieder mal bewiesen: Männer leben ungesund. Also, meine Herren, ab ins Kloster! Es sei denn, Sie erwarten mehr vom Leben als eine hohe LebenserwartungÉ

Artikel vom 01.07.2005