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Immer tiefer in die roten Zahlen

Jahresbilanz der Schuldnerberatungen

Bielefeld (MiS). Wenn etwa Handy-Anbieter ausdrücklich damit werben, Neuverträge auch ohne Schufa-Auskunft zu vergeben, dann kann Sabine Goudard von der Schuldnerberatung des Evangelischen Gemeindedienstes darüber nur den Kopf schütteln: »Den Menschen wird es immer leichter gemacht, in die Schuldenfalle zu tappen.«

Diese Erfahrung machen auch ihre Kolleginnen und Kollegen von den Beratungsstellen des Katholischen Vereins für soziale Dienste, der Diakonie Brackwede, der Stadt und der Schuldenhilfe Bielefeld immer wieder. Gestern stellten alle gemeinsam ihren Jahresbericht 2004 vor.
Und der enthält alarmierende Zahlen. 2600 Beratungen wurden im vergangenen Jahr durchgeführt. Die Zahl der Neufälle stieg um 22,9 Prozent. Fast ein Drittel der Ratsuchenden waren Arbeitslose. Ihr Anteil an den »Kunden« der Schuldnerberatungen stieg noch einmal um 12,65 Prozent. »Die wachsende Arbeitslosigkeit ist auch die Hauptursache der stetig wachsenden Verschuldung«, sagt Peter Flottemesch (Katholischer Verein für soziale Dienste). Dabei liegt die durchschnittliche Verschuldungssumme bei 31 000 Euro. »Früher waren das 31 000 Mark«, verweist Gabriele Schnatbaum (Stadt Bielefeld) darauf, dass sich die Summe fast verdoppelt hat.
Das Problem der Beratungsstellen: Das Personal reicht bei weitem nicht, um alle Gesprächswünsche umgehend zu erfüllen. Mit einem Monat Wartezeit müssen Hilfesuchende rechnen. Wer die Möglichkeit der privaten Insolvenz in Betracht zieht, die der Gesetzgeber seit einigen Jahren anbietet, muss sogar bis zu einem Jahr Geduld mitbringen. Dabei steigt gerade in diesem Bereich die Nachfrage stetig. Gertrud Rummeny (Schuldnerhilfe) berichtet, dass allein zu den obligatorischen Vortragsveranstaltungen monatlich 70 Menschen kommen. Dass die gemeinnützigen Schuldnerberatungen überlastet sind, nutzen inzwischen auch zahlreiche gewerbliche Schuldenregulierer. Doch die haben es zuweilen auch nur auf das Geld ihrer Klienten abgesehen.
Wer tief in der Kreide steckt, kann sich vom 1. Juli an immerhin auf höhere Pfändungsfreibeträge berufen. Sie steigen zum Beispiel für Alleinstehende um 50 auf 989,99 Euro netto im Monat.

Artikel vom 24.06.2005