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Masern werden nicht ernst genug genommen

Immer noch Impflücken - Aktion an vier Schulen

Bielefeld (sas). So richtig ernst genommen werden Masern, Mumps, Röteln und Hepatitis B offenkundig noch nicht: Nach wie vor sind die Impfraten hier zu niedrig. Um einen besseren Impfschutz der Gesamtbevökerung zu erreichen, wird in Bielefeld die »Info-Plus-Impfkampagne« gestartet.

Bei 95 Prozent sollte die »Durchimpfungsquote« liegen, damit eine Bevölkerung als immun gegen bestimmte Erkrankungen gelten kann und auch nicht geimpfte Menschen vor einer Ansteckung geschützt sind. Und wenn die Impfraten in den vergangenen Jahren auch gestiegen sind, konstatiert die aktuelle Ergänzung zum Kinder- und Jugendgesundheitsbericht der Kommunalen Gesundheitskonferenz noch große Impflücken. In Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), dem Landesinstitut für den öffentlichen Gesundheitsdienst (lögd) und dem Forum impfender Ärzte will die Gesundheitskonferenz daher für vorbeugende Impfungen werben.
Zu den häufig unterschätzten Krankheiten gehören die Masern. »Dabei kommt es in einem von 1000 bis 1500 Fällen zu Komplikationen, die bis zur Lungen- und Gehirnentzündung führen können«, betont Dr. Gabriele Ahlemeyer vom lögd. 7,4 Prozent der Kinder, die 2004 eingeschult wurden, hatten überhaupt keinen Impfschutz dagegen, bei 27,2 Prozent war die dringend empfohlene zweite Impfung unterblieben. Seit 2001 besteht gar eine Meldepflicht für Masern, die allerdings in Bielefeld offenbar nicht befolgt wird: Nicht ein Fall ist dokumentiert.
Noch schlechter sind die Zahlen für Mumps (die Erkrankung geht bei männlichen Jugendlichen und Männern oft mit Hodenentzündungen einher und kann zur Unfruchtbarkeit führen) oder bei Röteln. Und keinerlei Schutz vor Hepatitis B hatte 2004 jedes vierte I-Männchen. »Im Vergleich zu 23 anderen kreisfreien Städten sind die Bielefelder Zahlen unterdurchschnittlich«, kritisiert Dirk Cremer, Gesundheitsamt. Dabei, betont Sozialdezernent Tim Kähler, sei der Nutzen deutlicher größer als die Impfrisiken.
Für einen besseren Impfschutz macht daher an vier Schulen (Gesamtschule Stieghorst, Theodor-Heuss-Realschule, Vennhofschule und Adolf-Reichwein-Schule) Anfang Juli das »Impfmobil« Station, um in den achten Klassen Impfaktionen durchzuführen und »Auffrischungen« vorzunehmen. Vorbereitet wurden und werden sie im Biologieunterricht und durch die Beratung der Eltern. »Vorab werden die Impfbücher eingesammelt und Impfempfehlungen ausgesprochen«, erklärt Dr. Ruth Delius, Leiterin des Gesundheitsamtes. Als Erfolg würden sie und Dr. Claudia Kramer, KV, es bewerten, wenn zumindest jede zweite Empfehlung befolgt würde. »Die Aktion trägt auch zur gesundheitlichen Chancengleichheit bei. Über die Schule erreichen wir Kinder und Eltern, an die wie sonst kaum herankommen«, sagt Cornelia Petzold, Kommunale Gesundheitskonferenz.

Artikel vom 24.06.2005