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Kurumba: kleines Paradies
auf 500 mal 250 Metern
Urlauber aus aller Welt frönen auf den Malediven dem süßen Nichtstun
Eigentlich müsste sich Abdul Gayoom, Präsident der Malediven, kaum vor Einladungen retten können, um dann seinerseits entsprechend guter diplomatischer Gepflogenheiten die Staatschefs der besuchten Länder zum Gegenbesuch bitten zu müssen. Denn Staatsgäste wohnen nicht in der Hauptstadt Male, sondern auf der Nachbarinsel Vihamanaafushi im Nord-Male-Atoll.
500 mal 250 Meter misst das kleine Paradies, auf dem auch Ex-Präsident Amin Didi bestattet ist. Sein Grab liegt zwischen Hotelrezeption und dem luxuriösen Spa des Resorts »Kurumba«. Das Flaggschiff der maledivischen Universal-Hotelgruppe beherbergt freilich in der Mehrzahl Urlauber. Die kommen aus aller Welt auf die Atolle im Indischen Ozean, um dort dem süßen Nichtstun zu frönen.
Schon beim Anflug geraten die Passagiere mit Fensterplätzen ins Schwärmen. Wie grüne Jadehalsbänder und Smaragde auf blauem Samt liegen die Inseln im Meer. Kurumba war das erste Resort, das von der islamischen Regierung einst erlaubt wurde. Seitdem haben die Malediven einen gigantischen Aufschwung verbuchen können.
Tourismus trägt heute zu mehr als 90 Prozent zum Steueraufkommen des Staates bei, der mit kontinuierlichen Wachstumsraten der Wirtschaft um 7,5 Prozent in Asien hoch geachtet wird. Insbesondere, weil Tourismus dort kein leichtes Unterfangen ist, denn die Infrastruktur der Malediven ist gänzlich anders als die »herkömmlicher« Inseln. Immerhin besteht das Staatsgebiet zu 99,66 Prozent aus Ozean - und das wenige Land teilt sich in 198 bewohnte und 991 unbewohnte Inseln auf 25 Atollen auf.
Strom für das wenige benötigte Warmwasser und die Sparlampen in den Restaurants wird aus Solarzellen gewonnen, die allerdings den Verbrauch von etwa 6000 Litern Kraftstoff in sechs Dieselgeneratoren nicht ersetzen können. 360 Tonnen Trinkwasser werden täglich in einer Meerwasserentsalzungsanlage gewonnen, das Abwasser biologisch geklärt und für die Bewässerung der Pflanzen sowie die Toilettenspülung bereitgestellt. Ein riesiges Problem ist die Entsorgung: Der Abfall muss zur Müllverbrennungsanlage bei Male transportiert werden. Auf Kurumba wie auf allen anderen Touristeninseln nehmen verantwortungsvolle Urlauber daher ihren Müll wieder mit. Da nur T-Shirts, Badehose, Sandalen und Shorts in den Koffer gepackt werden müssen, sollte dies kein Problem sein.
Der Tourismus hat die Gesellschaft der islamischen Republik stark verändert. Die Männer finden in Resorts wie Kurumba Arbeitsplätze, wenn sie denn nicht mehr als Fischer arbeiten wollen. Die Regierung garantiert, dass mindestens die Hälfte aller Arbeitsplätze im Tourismus mit Einheimischen besetzt werden. Die Frauen und Kinder bleiben auf den WohnAtollen zurück.
465 Angestellte wohnen auf Kurumba - Hoteldirektor Alexander Joshi hat auch Ingenieure für Energie- und Wassertechnik unter sich. Gut ausgestattete Werkstätten reparieren kaputte Stühle ebenso wie defekte Waschmaschinen. (Über)lebensnotwendige Geräte sind in Reserve vorhanden. Denn Nachschub, der in der Regel in Singapur gekauft wird, ist etwa einen Monat unterwegs.
Momentan zittern viele um ihre Jobs: Die Tsunami-Katastrophe richtete zwar auf den Malediven nur vergleichsweise geringe Schäden an (auf Kurumba stand das Wasser fußhoch), die binnen weniger Wochen schnell behoben wurden. Doch die Saison war gelaufen, und in den vom Monsun beherrschten Sommermonaten sind nun noch weniger Besucher als sonst gekommen. Für die Wintersaison hofft man inständig auf die Rückkehr der Urlauber, denn von den Spenden-Millionen haben die Atollbewohner kaum etwas abbekommen.
Immerhin kamen kürzlich UNO-Generalsekretär Kofi Annan und der ehemalige US-Präsident Bill Clinton, um sich zu erkundigen, welche Hilfe benötigt wird. Beide bekamen zu hören: »Schickt uns die Urlauber wieder her!« Weil man auf den Malediven im Gegensatz zum benachbarten Sri Lanka keine Spuren der Naturkatastrophe wahrnehmen kann, sah man sich nicht veranlasst, die Preise zu senken. Auch sind die Nebenkosten alles andere als moderat. Denn alle kulinarischen Genüsse, die in den arabisch, chinesisch, indisch, japanisch und italienisch angehauchten Restaurants serviert werden, müssen importiert werden.
Die immensen Frachtkosten schlagen sich notwendigerweise auf den Preis nieder. Da sind fünf Dollar für ein Bier angemessen, wenn auch nicht eben billig. Gemüse wird in Sri Lanka und Dubai eingekauft, Fleisch kommt direkt aus Australien, Neuseeland und Deutschland, Früchte aus Europa und den Tropen, Gewürze aus Sri Lanka. Auf den Markt von Male fahren die Küchenchefs nur, wenn unerwartet ein Engpass aufgetreten ist. Auf den Malediven selbst werden nur Kokosnüsse, Bananen, Papayas und Wassermelonen angebaut.
Kurumbas Nachteil, die weitgehende Zerstörung des Riffs um die Insel und dadurch optisch hässliche, aber notwendige Barrieren im Wasser, haben die Resort-Betreiber allerdings in einen Vorteil umgemünzt, in dem sie ein erstklassiges Spa gebaut haben. Verwöhnen mit tahitianischen Pflanzenextrakten wird ebenso geboten wie Entspannungsmassage, Thai-Kräutermassage oder Gesichtsbehandlungen mit japanischer Seiden-Kosmetik. Wer sich noch mehr Gutes gönnen möchte, geht zum Yoga oder trimmt sich unter individueller Anleitung.
Suli, eine von sieben Therapeutinnen, stammt aus Bali und genießt ihre Arbeit auf Kurumba in vollen Zügen. »Ich habe mal in Moskau und Belgrad versucht, mich auf Europa einzustimmen. Aber das war mir viel zu kalt und zu hektisch. Ich bin nun mal ein Kind der Tropen«, sagt die zierliche Schönheit lächelnd, um dann mit kräftigem Griff verspannte Muskulatur zu lockern.
Eltern, die mit ihren Kindern kommen, können ihren Urlaub ganz entspannt genießen, denn im neuen Kinderclub können die Kleinen nach Herzenslust toben und Sandburgen bauen. Rund um die Uhr sorgen ausgebildete Erzieher unter der Leitung von Samanta Rodgers und Paul Nicks von »Nannies Abroad« dafür, dass der Aufenthalt im Inselparadies auch für die lieben Kleinen zu einem unvergesslichen Erlebnis wird. Thomas Albertsen

Artikel vom 09.07.2005