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»Cosmos 1« ist wie verschluckt

Trägerrakete versagt: Weltraumsegler vermutlich nicht ins All gelangt

Moskau/Washington (dpa). Das ehrgezige Projekt eines rein mit Sonnenenergie angetriebenen Weltraumseglers ist vermutlich erneut gescheigert. »Cosmos 1« wurde mit großer Wahrscheinlichkeit nicht wie geplant von der russischen Trägerrakete auf eine Erdumlaufbahn getragen, weil diese bereits 83 Sekunden nach dem Start versagte.
Die Grafik zeigt, wie es funktionieren sollte. Weltraumsegler Cosmos 1 ist jedoch vermutlich schon vor Erreichen einer Erdumlaufbahn mit der Trägerrakete abgestürzt - wahrscheinlich ins Polarmeer.

Die Sonde sei entweder gar nicht ins Weltall gelangt oder auf einer zu niedrigen Umlaufbahn hängen geblieben, teilte gestern die Projektleitung in den USA, die Forschungsgesellschaft Planetary Society in Pasadena (Kalifornien), mit. »Wir suchen weiterhin nach der Sonde ÝCosmos 1Ü.«
Angeblich tagsüber empfangene Signale seien ein schwacher Hoffnungsschimmer auf Rettung der vier Millionen US-Dollar (3,3 Millionen Euro) teuren Mission. »Wenn die Sonde auf einer niedrigen Umlaufbahn festhängt, funktioniert sie vielleicht noch und es kann Kontakt hergestellt werden«, meinte der Projektleiter Louis Freedman in Moskau.
Die Sonde mit einem neuentwickelten Sonnenantrieb war am Dienstagabend um 21.46 Uhr auf einer »Wolna«-Trägerrakete von dem russischen Atom-U-Boot »Borisoglebsk« in der Barents-See abgeschossen worden. »Nach 83 Sekunden Flug versagte der Antrieb der Trägerrakete, der Sputnik gelangte nicht in seine Umlaufbahn«, sagte ein Sprecher der russischen Nordflotte.
Trotz der Probleme seien zu den vorausberechneten Zeiten Signale auf der russischen Halbinsel Kamtschatka, den Marshall-Inseln im Pazifik und dann in Tschechien empfangen worden, erklärte die Planetary Society. »Wenn ÝCosmos 1Ü einmal die Südhälfte der Erde umflogen hat und es wieder bis Panska Ves (Tschechien) geschafft hat, dann ist die Sonde in einer Umlaufbahn und nicht in den Pazifik gestürzt.«
Die Spezialisten hätten wohl »irgendein anderes Geräusch« gehört, vermutete dagegen ein Experte der russischen Raketentruppen in Moskau. »Ausgehend von den jetzt vorliegenden Daten müssen wir zu fast 100 Prozent davon ausgehen, dass der Satellit verloren ist«, sagte der Offizier nach Angaben der Agentur Interfax.
Bei erfolgreichem Verlauf wäre »Cosmos 1« von der Rakete auf eine Umlaufbahn in 825 Kilometer Höhe getragen worden. Dort sollte die private amerikanisch-russische Sonde ihre acht Sonnensegel aufklappen, die Licht für eine immer schneller werdende Reise durchs All in Antriebsenergie umsetzen sollten.
Dabei werden die Lichtpartikel von den 15 Meter großen Segeln wie Bälle zurückgeworfen. Diese winzigen Stöße sollten die Sonde beschleunigen. 2001 war bereits der erste Test einer »Cosmos«-Sonde fehlgeschlagen.
Die Trägerrakete »Wolna« ist die für zivile Zwecke umgebaute Interkontinentalrakete SS-N-18 Stingray. Beim dem Start habe der Antrieb der ersten Raketenstufe versagt, sagte ein Vertreter der Raketenbaufirma Makejew. Falls der Fehler wirklich schon in der 83. Sekunde des Flugs aufgetreten sei, habe sich die Sonde nicht von der Rakete abgekoppelt und sei mit ihr abgestürzt, hatte ein Spezialist von der Konstruktionsfirma Lawotschkin wenig Hoffnung.
www.planetary.org/solarsail/latest_update.html

Artikel vom 23.06.2005