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Zwei Gesamtsiege
schönen die Bilanz

Kiel: Flaute bei der deutschen Flotte

Kiel (dpa). Zehn Monate nach dem Olympia-Debakel haben die deutschen Segler auch bei der Kieler Woche nicht glänzen können. Nur der dreimalige Tornado-Weltmeister Roland Gäbler aus Tinglev und der Kieler Heiko Kröger in der paralympischen Klasse 2.4 polierten die magere Bilanz des Deutschen Segler-Verbandes mit Gesamtsiegen auf.

»Das ist schön für Roland, aber man sollte den Erfolg direkt nach der WM nicht überbewerten«, sagte der DSV-Sportdirektor Hans Sendes gestern zum Abschluss der größten Segelveranstaltung der Welt.
Gäbler, bei den Olympischen Spielen in Sydney Bronzemedaillengewinner, holte sich seinen fünften Kieler-Woche-Sieg. Mit seinem neuen Vorschoter Gunnar Struckmann führte er das Feld nach sechs Regatten an, als am Schlusstag die Wettfahrt im Tornado wegen Flaute abgesagt wurde. »Es passte wirklich alles. Bis auf die WM mit Platz 22 haben wir eine Supersaison hingelegt«, sagte der 40 Jahre alte Gäbler. Johannes Polgar und Florian Spalteholz (Dänisch-Nienhof) wurden Dritte. Wie in vielen Disziplinen war das Feld im nach-olympischen Jahr aber sehr schwach besetzt.
Doch die deutsche Flotte konnte die Gunst der Stunde nicht nutzen. Trotzdem sieht Sendes für die Zukunft nicht schwarz: »Ich sehe einige Perspektivteams.« So sind die 470er-Seglerinnen Sabine Walter und Antje Struckat, die Zweite wurden, auf einem guten Weg. Auch die Berliner Teamkollegen Robert Stanjek/Markus Koy begannen im Starboot vielversprechend, ehe der Steuermann mit erhöhter Temperatur abreisen musste. »In zwei Jahren haben wir wieder eine schlagkräftige Truppe«, sagte Sendes.
Der Sportdirektor sieht sich mit seinem Konzept bestätigt, die Kadersegler konsequent in Kiel und Warnemünde zusammenziehen. Dadurch wird auch Geld gespart. »Wir haben in der Förderung 120 000 Euro weniger vom Bund und müssen streng haushalten«, sagte Sendes. Dennoch wird in der nächsten Woche ein nicht ganz preiswerter neuer Finanzposten hinzukommen: Der Psychologe Norbert Harlander soll die Kadersegler auf dem Weg zu den Olympischen Spielen in Peking intensiv unterstützen. Besonders die fehlende Konstanz einiger Crews ist offensichtlich.
»Es gibt Vorurteile in der Szene gegen Psychologen, aber einige sind ganz heiß auf die Zusammenarbeit«, sagte der 57 Jahre alte Sendes, dem es bei seinen Aktiven oft an der Einstellung und Wettkampfhärte mangelt.
Die Weichen für Olympia 2008 stellte der DSV deshalb mit einem Athletenpapier, das alle Kadersegler unterzeichnen müssen. Da steht unter anderem drin, dass nach Peking keine Familienangehörigen mitgenommen werden dürfen. Ein wenig neidisch schaut man auch nach Österreich, das mit nur vier Teams in Athen zwei Goldmedaillen holte. »Wir haben in der Vergangenheit den Fehler gemacht, in allen Klassen antreten zu wollen. Das ging schief«, sagte Sendes. Zumindest die Förderung im Finn ist nun gestrichen.

Artikel vom 27.06.2005