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»Juristen dürfen nicht auf der Straße stehen«

Anwaltverein Bielefeld feiert 125-jähriges Bestehen

Von Uwe Koch und
Bernhard Pierel (Foto)
Bielefeld (WB). Nahezu 900 Rechtsanwälte sind im Amtsgerichtsbezirk Bielefeld niedergelassen. 500 dieser Juristen sind organisiert im Anwaltverein Bielefeld, und der feiert am heutigen Donnerstag in der Universität seinen 125. Geburtstag.

Vorsitzender des Anwaltvereins ist seit 19 Jahren Klaus Heise, Rechtsanwalt und Notar a.D. Er übernahm das Amt 1986 von seinem Vorgänger Dr. Georg Rössler, der den Vorsitz ebenso lange inne hatte wie Heise heute.
Im Mittelpunkt der Feierstunde wird ab 18 Uhr in Hörsaal 1 der Universität der Festvortrag von Hartmut Kilger, Präsident des Deutschen Anwaltvereins (DAV) stehen. Kilger hat jüngst die Sorgen der Anwaltschaft auf den Punkt gebracht: 130 000 Anwälte bundesweit bedeuteten »eine drohende Überfüllung«; das Einkommen vieler Kollegen sei »gleich Null« und die »juristische Ausbildung ist völlig ineffizient«.
Auch Klaus Heise registriert mit großer Sorge »das Überhandnehmen von Wohnzimmerkanzleien« in Bielefeld. Gleichwohl betont er im Vorfeld der heutigen Festveranstaltung das »sehr enge Verhältnis zur Universität Bielefeld«. Beispiel dafür seien die Praktikerkurse, die der Anwaltverein gemeinsam mit der Rechtswissenschaftlichen Fakultät vor 15 Jahren aus der Taufe gehoben haben. »Das Studium ist wunderbar, aber es muss etwas geschehen, damit die Juristen dann nicht auf der Straße stehen«, teilte Klaus Heise vor wenigen Wochen auch Justizministerin Brigitte Zypries in Bielefeld mit.
Indes mahnt der Chef des Anwaltvereins auch eine Umkehr des Anspruchsdenkens an: »Wir müssen uns gegen die Verrechtlichung der Gesellschaft wehren.« Auf gut Deutsch: Nicht jedem Prozesshansel dürfe erlaubt sein, mit jedem noch so geringfügigen Anliegen zum Gericht zu rennen. Klaus Heise hofft auf die Wirkung der Mediation, der schiedlichen Schlichtung im Vorfeld juristischer Auseinandersetzungen. Dass Rechtsanwälte diese Sparte gleichsam als Fachanwälte besetzen sollten, halten Juristen für unabdingbar. Damit würde der juristische Kuchen, um den viele Anwälte streiten, um einen Deut größer.

Artikel vom 23.06.2005