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18 Unteroffiziere nach
Misshandlungen angeklagt

Rekruten mit Wasser, Sand und Strom malträtiert

Von Christian Althoff
Coesfeld (WB). Bis zu 290 Rekruten sollen in der »Freiherr vom Stein«-Kaserne in Coesfeld misshandelt worden sein, darunter zwei Soldaten aus Delbrück (Kreis Paderborn) und Dörentrup (Kreis Lippe). Gegen 18 Ausbilder hat die Staatsanwaltschaft Münster jetzt Anklagen erhoben.
Oberstaatsanwalt Wolfgang Schweer: »Diese Grundausbildung war verboten.«

Nach Hinweisen von Soldaten hatte eine 15 Mann starke Sonderkommission der Polizei fünf Monate ermittelt und in zahlreichen Bundesländern etwa 300 Soldaten vernommen, die im münsterländischen Coesfeld ausgebildet worden waren. »Die Ergebnisse finden sich auf 25 000 Seiten wieder«, erklärte gestern Oberstaatsanwalt Wolfgang Schweer aus Münster. Ursprünglich war gegen 38 Ausbilder ermittelt worden, angeklagt worden sind nun zunächst 18 Hauptbeschuldigte, denen Misshandlung, entwürdigende Behandlung und gefährliche Körperverletzung an bis zu 163 Rekruten vorgeworfen werden. Die Anklagepunkte:l Am 9. Juni 2004 wurden 82 Rekruten von neun Ausbildern überwältigt. Einige mussten bis zur Erschöpfung Baumstämme auf den Armen zu tragen, anderen wurde gewaltsam Wasser in den Mund gespritzt. Zudem wurde ihnen vor einem Marsch Sand in die Kleidung gestopft, so dass sich die Soldaten wund liefen.l Am 25. August 2004 fesselten fünf Ausbilder 32 Rekruten, verbanden ihnen die Augen und schafften sie unter Tritten und Schlägen in einen Keller, wo einigen die Hosen hinuntergezogen wurden und die Soldaten mit Wasser übergossen wurden.l Am 31. August wurden 27 Rekruten von sechs Ausbildern gefesselt und zum Teil entkleidet. Vier Männer wurden mit Stromstößen malträtiert, die mit einem Feldtelefon erzeugt worden waren.l Der letzte Vorfall geschah am 1. September. 22 Rekruten wurden von sechs Ausbildern gefesselt eingesperrt und durchnässt. Vier Soldaten wurde mit Gewalt Wasser in den Mund gespritzt, fünf erhielten Stromstöße.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft waren diese »Geiselübungen« nach den Vorschriften der Bundeswehr verboten. Sie seien dennoch mit Billigung des Kompaniechefs von Unteroffizieren der Ausbildungskompanie 7 geplant und durchgeführt worden. Schweer: »Niemand hatte den Rekruten gesagt, wie sie auf eine solche Behandlung durch ihre Ausbilder reagieren sollten. Die wussten nicht, wie ihnen geschah.«
Einige der beschuldigten Ausbilder haben die angeklagten Verfehlungen bereits zugegeben, andere schweigen zu den Vorwürfen.
Der Prozesstermin steht noch nicht fest.

Artikel vom 21.06.2005