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Zico »jagt« seine Landsleute

Der Kampf um das Halbfinal-Ticket: Weltmeister Brasilien gegen Japan

Köln (dpa). Wenn Zico den Masterplan des Japanischen Fußball-Verbandes (JFA) komplett durchziehen würde, dann wäre er am Ende 97 Jahre alt. Bis 2050 will Asiens bestes Team den Weltmeister-Thron erklimmen und erneut die Titelkämpfe ausrichten.

Beim Weg auf den Gipfel kann Nationaltrainer Zico einen Meilenstein setzen: Ausgerechnet gegen das Team seiner brasilianischen Heimat geht es für den »weißen Pelé« heute (20.45 Uhr/ZDF) in Köln um den Einzug ins Halbfinale. Beim Weltmeister hat Carlos Albertos Parreira mit seiner Ankündigung, nach dem 0:1 gegen Mexiko die halbe Mannschaft auszutauschen, das große Rätselraten ausgelöst.
»Es ist möglich, dass Ronaldinho und Kaká nicht spielen«, sagte der Nationalcoach der »Selecao« über seine beiden Mittelfeldstrategen vom FC Barcelona und AC Mailand. »Einige Spieler brauchen einen freien Tag.« Für die beiden stehen Juninho (Olympique Lyon) und Julio Baptista (FC Sevilla) bereit. Auch die Außenverteidiger Cicinho und Gilberto von Hertha BSC werden wohl weichen müssen. »Ich hab' sie ja schon in den beiden ersten Spielen beobachten können«, erklärte Parreira. Zudem muss möglicherweise Dida für den WM-Torhüter von 2002, Marcos, Platz machen.
Ein Unentschieden würde dem fünffachen Weltmeister reichen, um als Gruppenzweiter ins Halbfinale einzuziehen. Parreira lässt sich von der Kritik aus aller Welt nicht irritieren. Eine Mannschaft von »Glühwürmchen« spotteten die brasilianischen Medien: Die Sterne wie Ronaldinho blinken nur ab und zu auf statt zu leuchten. »Wir sind es gewohnt, mit Druck umzugehen. Für uns hat sich nichts verändert, wir behalten unsere Spielweise bei«, sagte der 62-jährige Coach.
Nach Europameister Griechenland will Asienmeister Japan nun auch den Weltmeister aus den Schuhen kippen. »Wir werden voll auf Sieg spielen«, versprach Zico. »Wichtig ist, dass wir an unsere Stärken glauben, und uns weiter entwickeln, damit wir in Zukunft jeden Gegner schlagen können.« Der 52 Jahre alte Ex-Nationalspieler (48 Tore in 71 Begegnungen) stand nach seiner großen Zeit bei Flamengo Rio de Janeiro von 1991 bis 1994 bei zwei japanischen Vereinen unter Vertrag. Er war Co-Trainer der brasilianischen WM-Mannschaft von 1998, ehe er 2002 sein Amt in Japan antrat. Sein Vertrag läuft bis nach der WM im nächsten Jahr.
Am 1. Januar hatte Präsident Saburo Kawabuchi seine visionäre »JFA Deklaration 2005« verabschiedet. »Wir kennen das Fußballsystem und wir wissen, wie schwierig es ist, einen Titel zu gewinnen«, sagte der Technische Direktor Kohzo Tashima. »Holland zum Beispiel ist so eine große Fußball-Nation, aber die haben noch nie den WM-Pokal gewonnen.« Vor 12 Jahren wurde erst die J-League gegründet, vor drei Jahren war Japan zusammen mit Südkorea WM-Gastgeber. Für Deutschland 2006 haben sich die Asiaten bereits qualifiziert.
»Die Nationalspieler aus der J-League haben sich enorm verbessert, der Druck lastet nun nicht mehr nur auf den Europäern«, sagte Zico. Neun Profis - wie der derzeit verletzte Naohiro Takahara (Hamburger SV) - verdienen ihr Geld in Deutschland, Italien oder England. Wenn es nach dem Verband geht, sollen noch mehr Legionäre dazukommen.
In den nächsten zehn Jahren will der 17. der FIFA-Weltrangliste in die Top Ten. »Niemand hat gelacht, als die Japaner ihre Pläne vorgestellt haben. Das ist nicht unmöglich«, kommentierte Andy Roxburgh, Technischer Direktor der UEFA, beim Confed-Cup die Ziele der ehrgeizigen Japaner.

Artikel vom 22.06.2005