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Im Dienst der Weiterbildung

Helmut Hethey leitete 17 Jahre die Abendrealschule


Bielefeld (MiS). Helmut Hethey leitet eine Schule, an der von 8 Uhr in der Früh bis abends um 22 Uhr gelehrt wird. Disziplinprobleme gibt es keine unter den 517 Studierenden. Und in kaum einer anderen Bildungseinrichtung werden Menschen aus so vielen unterschiedlichen Kulturen gemeinsam unterrichtet.
Die Rede ist nicht von irgendeiner Versuchsschule, sondern von einer Lehranstalt, die jedes Jahr zwischen 70 und 80 Absolventen entlässt: die Abendrealschule.
Seit 17 Jahren steht Hethey der Einrichtung vor, die ein bisschen versteckt zwischen Gertrud-Bäumer-Schule und Max-Planck-Gymnasium im Grünzug hinter der SchücoArena ihren Sitz hat. Jetzt beginnt für Hethey die Freistellungsphase der Altersteilzeit, wie es im Beamtendeutsch heißt. Am 29. Juni wird er offiziell verabschiedet.
»Den Wechsel in die Erwachsenenbildung habe ich nie bereut«, sagt Hethey, der 1942 in Düsseldorf geboren wurde. Nach dem Studium an der Pädagogischen Hochschule Wuppertal trat er 1968 seine erste Lehrerstelle in Herne an. In einem berufsbegleitenden Ergänzungsstudium an der Uni Münster erwarb Hethey die Lehrbefähigung für das Lehramt an Realschulen in den Fächern Englisch und Geschichte. Nach zwei Jahren in einer Tagesrealschule begann er 1975 seinen Dienst an der Abendrealschule Bochum. Dort war er auch drei Jahre stellvertretender Schulleiter, bevor der Wechsel als »Chef« nach Bielefeld erfolgte.
Hier erlebte Hethey auch eine schwierige Phase, als das Kultusministerium 1991 beschloss, die 21 Abendrealschulen im Lande zu schließen. »Der Bielefelder Rat war damals der erste, der sich dagegen ausgesprochen hatte«, erinnert sich Hethey Daraus entwickelte sich eine Protestwelle, die dazu führte, dass die Schließungspläne begraben wurde.
Heute leistet die Bielefelder Abendrealschule wichtige Integrationsarbeit für Aussiedler und Ausländer. Dazu gehören die Vorbereitungskurse, in deren Mittelpunkt die Verbesserung der deutschen Sprachkenntnisse steht.
Vier Semester dauert der Erwerb der Fachoberschulreife. Früher war der Schlossergeselle, der die mittlere Reife auf dem Weg zum Ingenieurstudium benötigte, der typische Abendrealschule-»Kunde«. Heute ist die Studierendenschaft bunt gemischt. Neben den Menschen mit Migrationshintergrund gehören Frauen, die nach der Familienphase den Wiedereinstieg in den Beruf planen, zu den Studierenden genauso wie Schichtarbeiter. Die können sowohl die Tages- wie auch die Abendkurse der Schule nutzen. Denn schon seit langem ist der Name eigentlich irreführend, gibt es ein Komplettangebot auch am Tag.
Mit Doris Przykop (59) übernimmt Hetheys langjährige Stellvertreterin nach den Sommerferien die Schule. Der Italien- und Frankreichfreund Hethey, der auch leidenschaftlicher Golfspieler ist, will im Ruhestand seinen Hobbys frönen - und selbst weiter die Schulbank drücken: »Vor vier Jahren habe ich begonnen, Italienisch zu lernen.«

Artikel vom 22.06.2005