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Michelins Aktie sinkt,
FIA bestellt Teams ein

Formel 1 nach Indy-Skandal weltweit in der Kritik

Indianapolis (dpa). Am Tag nach dem Skandal von Indianapolis stand das Milliarden-Geschäft Formel 1 weltweit in der Kritik.

Welche Dimension der Imageschaden hat, war gestern noch nicht absehbar. Auf dem größten Automarkt der Welt ist die Zukunft der Formel 1 jetzt in Frage gestellt. Zumindest beim Eklat-Auslöser Michelin war der Schaden messbar: Die Aktien des französischen Reifenherstellers sanken um mehr als zwei Prozent.
Zumindest für den Automobil-Weltverband FIA war die Schuldfrage klar. »Die Formel 1 ist ein sportlicher Wettbewerb. Er beruht auf klaren Regeln. Es kann nicht jedes Mal verhandelt werden, wenn ein Teilnehmer die falsche Ausrüstung mitbringt«, erklärte die FIA und bezichtigte damit die sieben Michelin-Rennställe, sie hätten wegen eigener Fehler und Mängel die Regeln verändern wollen. Dies jedoch wäre »unfair« gewesen. Die FIA bestellte die Teams am 29. Juni zu einer Anhörung ein.
In jedem Fall hat der Große Preis der USA fast nur Verlierer hinterlassen. Auch Michael Schumacher durfte sich nach dem Erfolg in dem Rumpf-Grand-Prix mit sechs statt 20 Autos nicht als Sieger fühlen. Der Ferrari-Pilot wurde zur Zielscheibe der Fan-Wut. Im Pfeifkonzert waren er, sein Teamkollege Rubens Barrichello und Jordan-Pilot Tiago Monteiro auf das Siegerpodest geklettert. Die Fans warfen mit Aluminiumdosen und Eiswürfeln. Schumacher musste von Sheriffs geschützt werden.
»Man ist schnell dabei, einen Schuldigen zu finden. Aber ich glaube nicht, dass Ferrari schuldig ist. Wir haben nichts falsch gemacht«, sagte der Weltmeister, der mit Bridgestone-Reifen unterwegs war. Überbewerten wollte der 36-Jährige die Vorgänge nicht: »Ich habe 84 Rennen gewonnen. Da kann ich mir einen merkwürdigen Sieg leisten.«
Auslöser des Desasters war allein Michelin, das keinen sicheren und wettbewerbsfähigen Reifen liefern konnte. Doch die von den Franzosen ausgerüsteten Teams McLaren-Mercedes, BMW-Williams, Toyota, BAR-Honda, Renault, Sauber und Red Bull versuchten nach ihrem Startverzicht Ablenkungsmanöver und schoben die Verantwortung am Eklat auf den Weltverband. »Leider wurden unsere Vorschläge von der FIA zurückgewiesen«, stellten sie fest. Michelin wollte glauben machen: »Wenn man unseren Vorschlägen gefolgt wäre, hätte wir die Sicherheit garantieren können.«
Auf Wunsch von Michelin sollte die Steilkurve auf dem Speedway mit einer Schikane langsamer gemacht werden. Die FIA war am Sonntag, auch weil Ferrari sich quer stellte, nicht bereit gewesen, eine »Lex Michelin« zu schaffen. 14 Rennautos kamen deshalb nach der Aufwärmrunde wieder in die Box. In der Steilkurve war Toyota-Pilot Ralf Schumacher nach einem Reifenschaden verunglückt.
Auch wenn der Titelkampf durch den zu erwartenden Dreikampf zwischen Renault-Pilot Fernando Alonso (59), McLaren-Mercedes-Mann Kimi Räikkönen (Finnland/37) und Schumacher (35) Spannung verspricht, ist der Imageschaden in den USA schwer wieder gut zu machen. Der Vertrag von Formel-1-Chef Bernie Ecclestone mit der Indianapolis-Strecke, wo seit 2000 die Formel 1 fährt, gilt bis 2006. »Es gibt aber noch keine Verpflichtung für nächstes Jahr«, stellte Indy-Geschäftsführer Joie Chitwood klar. Nach dem Rennen nahm »Indianapolis Motor Speedway« den Hinweis auf den Vorverkauf für 2006 von seiner Webseite.

Artikel vom 21.06.2005