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Kiefer zittert
sich weiter

Federer und Hewitt souverän

London (dpa). Nicolas Kiefer hat seine bösen Erinnerungen besiegt und mit dem Rücken zur Wand erstmals seit drei Jahren wieder die erste Runde der All England Championships überstanden.

Trotz einer alles andere als überzeugenden Vorstellung eröffnete der Hannoveraner gestern bei drückender Schwüle in 4:09 Stunden mit einem 6:3, 7:6 (7:5), 5:7, 3:6, 6:4 gegen den Franzosen Julien Benneteau die erstrebte Wiedergutmachungstour bei seinem Lieblingsturnier in London, bei dem er in den beiden Vorjahren so bitter enttäuscht hatte. Kiefers nächster Gegner ist der Italiener Alessio di Mauro.
Drei Sätze lang strickte Debütant Björn Phau gegen den Spanier Feliciano Lopez an einer faustdicken Überraschung bis der Faden riss. Erst nach zwei spannenden Tiebreaks und eigener 2:1-Satzführung musste der Münchner bei 30 Grad dem auf Rasen starken Spanier geschlagen geben. Bei seinen bis dato drei Auftritten in Wimbledon hatte Lopez stets zumindest die dritte Runde erreicht.
Mit kurz geschnittenen Haaren schien der 27-Jährige Kiefer auch auf dem Heiligen Rasen alte Zöpfe abschneiden zu wollen. Gleich mit einem Break gestartet ließ er dem gefährlichen Benneteau, der vor zwölf Monaten dem Kroaten Mario Ancic auf dessen Weg ins Halbfinale einen Zweitrunden-Fünfsatzkrimi geboten hatte, zunächst keine Entfaltungsmöglichkeiten und holte sich mit dem zweiten Break sicher den ersten Satz. Doch dann begann der Niedersachse, der bei seinem Debüt 1997 im Viertelfinale gestanden hatte, zu schwächeln.
Im Tiebreak holte er zwar auch diesen Durchgang. Doch dann kamen die bösen Erinnerungen an das vergangene Jahr zurück, als er gegen den Schweden Thomas Johansson eine sichere 2:0-Führung aus der Hand gab und wie 2003 gegen den belgischen Nobody Gill Elseneer in der Auftaktrunde kläglich scheiterte. Zum Déjà-vu ließ es Kiefer nicht kommen, obwohl Kampfgeist und Einsatzwille im dritten Satz nicht ausreichten, den 23-jährigen Franzosen entscheidend zu bezwingen. Das frühe Break und den 0:3-Rückstand glich er zum 5:5 noch einmal aus, um dem Franzosen dann aber doch den Satz zu überlassen.
Der durch und durch abergläubische Kiefer, der im Vorfeld der 119. All England Championships einige Rituale geändert hatte und im Hotel statt wie bisher im teuer gemieteten Haus wohnte, wurde nun mit jedem Ballwechsel unsicherer. Die bösen Ahnungen wurden stärker, als er zum 2:4 wieder ein Break kassierte, die Miene verfinsterte sich und das Match schien seinen bösen Lauf zu gehen. Doch mit unbändigem Kampfgeist und viel Glück gegen den müde werdenden Franzosen schaffte Kiefer doch noch die Wende.
Julia Schruff gab dagegen nur ein kurzes Gastspiel. Die 22 Jahre alte Debütantin aus Stuttgart schied durch ein 1:6, 6:1, 2:6 gegen die Amerikanerin Meghann Shaughnessy ebenfalls aus.
Souverän erfüllten dagegen die Top-Favoriten Roger Federer und Lleyton Hewitt ihre Pflicht und Schuldigkeit. Der Titelverteidiger fertigte im Eröffnungsmatch den Franzosen Paul-Henri Mathieu mit 6:4, 6:2, 6:4 ab. Der Australier Hewitt, der vor drei Jahren triumphierte, machte mit dem Belgier Christophe Rochus beim 6:3, 6:3, 6:1 kurzen Prozess.

Artikel vom 21.06.2005