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Die Jungen sind die großen Gewinner

Vorrunde vorbei, Brasilien kommt: Das Zwischenzeugnis der deutschen Fußball-Nationalmannschaft

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Nürnberg (WB). Die Japaner werden das verstehen. Es hat nichts mit ihnen zu tun. Die Fußball-Fans in Deutschland fanden es bestimmt ganz lustig, dass sie Brasilien bis an den Rand des Confed-K.o.`s führten. Aber gewinnen sollten sie natürlich nicht, dann wäre der Asienmeister nur der Spiel- und Spaßverderber gewesen.

Was ist schon eine WM-Generalprobe wert, wenn es dabei nicht zu einem ersten Schlagabtausch zwischen Deutschland und Brasilien kommt? Dies ist immer noch die Partie, die alle sehen wollen. Die es nun auch gibt am Samstag im Nürnberger Frankenstadion, weil die Japaner in ihrem Vorrundenduell mit Brasilien dankenswerterweise darauf verzichteten, den entscheidenden Treffer zu setzen. 2:2, puh! Da schlich sich die »Selecao« nur über den Vorsprung im Torverhältnis ins Halbfinale.
Ob es auch wirklich der erwartete Hit wird, steht auf einem anderen Blatt. Vielleicht wären die Samba-Kicker lieber schon in den Urlaub geflogen, als sich noch zweimal quälen zu müssen. Sie sind nicht unschlagbar, das zeigte Mexiko. Und sie sind nicht unverwundbar, das fand Japan heraus.
Was wohl die Deutschen entdecken werden, die gerade so schön in Fahrt sind beim Confed-Cup und mit einfachen Mitteln ihre Vorbereitung optimieren wollen: »Gut essen, gut schlafen - dann wird es gut ausgehen«, glaubt Per Mertesacker, dass ein voller Teller und eine sanfte Matratze direkt ins Finale führen.
Es besteht auch kein Grund, an einer veritablen Chance des Gastgebers zu zweifeln. Er trifft immer ins Tor, und die Risse und Fugen, die sich anfänglich beim Abwehren auftaten, sind recht ordentlich verdichtet worden. »Meine Vorderleute haben gute Arbeit geleistet«, hatte sich der Stuttgarter Timo Hildebrand nach dem 2:2 gegen Argentinien bedankt. Im Vergleich der Mannschaftsteile weisen Sturm und Mittelfeld zwar Vorteile gegenüber der Defensive auf, das Gesamtpaket stellt Jürgen Klinsmann aber zufrieden. Wenn es die Elf auch unter ihm als Trainer noch nicht schaffte, endlich einen Rivalen der Premiumklasse zu besiegen, so wurde auch nicht mehr verloren.
Nach der Vorrunde des Confederation Cups gibt es sogar einige Gewinner im Team. Es handelt sich um ein Trio von Talenten, das beim Zusammenzählen seiner Länderspiele auf weniger Einsätze kommt als Kapitän Michael Ballack. Per Mertesacker, Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski eint ihr Lebensalter 20 - und die Zukunftsperspektive. Der deutsche Fußball ist doch jung geblieben.
Andere haben sich ein befriedigendes Zwischenzeugnis bei der Mini-WM verdient, einige sind auch in Schwierigkeiten geraten wie etwa Robert Huth oder Thomas Hitzlsperger. Dazu gibt es noch drei Akteure, die ihrem Job bisher nur auf der Übungswiese nachgehen konnten. Patrick Owomoyela, Tim Borowksi und Thomas Brdaric sind Männer ohne Einsatz, daher nicht zu beurteilen.
Es ist aber klar, dass es ihre WM-Aussichten schmälert, wenn sie schon beim Probeball nicht aufgefordert werden. Außerdem warten draußen drei Profis, die ihre WM-Teilnahmekarten sicher haben, wenn sie gesund bleiben. Der Bremer Stürmer Miroslav Klose musste verletzt vom Cup abreisen, der Dortmunder Abwehrchef Christian Wörns erhielt seinem fortgeschrittenen Alter entsprechend ein Regenerations-Päuschen, der von Stuttgart nach München zurückkehrende Philipp Lahm betreibt die Wiedergenesung nach einem Kreuzbandriss.
Im Innenleben der Nationalauswahl ist das Verhältnis der Torhüter Kahn und Lehmann ein immer wiederkehrendes Thema. Auf der Grundlage eines fragilen Arbeitsfriedens werden regelmäßig Spitzen ausgetauscht. Dass Kahn nach Angaben der Süddeutschen Zeitung von Klinsmann zur Nummer eins erklärt wurde, bestätigte Teammanager Oliver Bierhoff nicht: »Es hat sich nichts verändert. Es wird weiter ausprobiert.«

Artikel vom 24.06.2005