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Ein freier Tag
für die müden
Weltmeister

Brasiliens Trainer fordert Turniersieg

Köln (dpa). Mit Durchhalteparolen stimmen sich die schlappen Weltmeister aus Brasilien auf den Halbfinal-Schlager beim Confederations Cup gegen Deutschland ein. »Einige meiner Spieler sind sehr müde«, räumte Nationaltrainer Carlos Alberto Parreira nach dem mageren 2:2 (2:1) gegen Japan im letzten Gruppenspiel der Südamerikaner in Köln ein.

Dennoch kündigte er an, Ronaldinho und seine Kollegen morgen in Nürnberg noch einmal alles abzuverlangen: »Jetzt gibt's keine Experimente mehr. Wir wollen das Turnier gewinnen und werden die Spieler aufbieten, die physisch und mental in der besten Verfassung sind.«
Der Furcht erregende Gegner scheint der fünfmalige Weltmeister derzeit nicht zu sein - wie auch Franz Beckenbauer feststellte: »Bei Brasilien hat man das Gefühl, na ja, sie sind da und spielen ein bisschen wie im Training«, sagte der OK-Chef. »Eine richtige Ernsthaftigkeit konnte ich bei der Mannschaft noch nicht feststellen.«
Durch die WM-Qualifikationsspiele gegen Paraguay und in Argentinien vor der Mini-WM sind die Brasilianer nun seit 25 Tagen ohne Unterbrechung zusammen. Vor allem die Mittelfeldstrategen Ronaldinho und Kaká, die gegen Japan so brillant begannen, können das hohe Niveau kaum noch eine Stunde lang halten.
Gestern durfte sich die »Seleção« beim Stadtbummel in Köln vergnügen oder einfach nur im Schlosshotel Lerbach in Bergisch Gladbach die Beine hochlegen: Parreira gab frei.
»Die Japaner sind sehr viel gelaufen, da hatten wir große Schwierigkeiten«, sagte Ronaldinho, der erstmals die Kapitänsbinde trug. Der fünffache Weltmeister hätte bereits seine Koffer für die Heimreise packen müssen - wenn Masashi Oguro in der Nachspielzeit seine Chance zum 3:2 für den Asien-Meister genutzt hätte oder wenn das regelgerechte Tor von Akira Kaji (4.) wegen Abseits nicht aberkannt worden wäre.
Japans brasilianischer Nationalcoach Zico jedenfalls konnte stolz sein auf sein Team und bekam ein dickes Lob von seinem Freund Parreira: »Ich kenne die Japaner seit den 70er Jahren. Früher haben wir sie immer leicht geschlagen, aber sie haben enorm zugelegt, vor allem körperlich. Sie haben uns heute einige Probleme bereitet.«
So wackelte die Hintermannschaft um Bayern-Profi Lucio und Juan, der für seinen Leverkusener Clubkollegen Roque Junior spielen durfte, bedenklich. Die Bankdrücker Roque Junior und Emerson stellten später ihren Mitspielern ein schlechtes Zeugnis aus. »Wenn wir den Ball nicht haben, müssen wir uns alle gegenseitig helfen und enger decken«, fordert Emerson. »Bei Ballverlusten müssen alle schneller zurück«, ergänzt Roque Junior. Doch der Turnierfavorit hatte sich von den glänzend herausgespielten Toren durch Robinho (10.) und Ronaldinho (32.) zu einem sorglosen Auftreten verführen lassen.
Parreira hat vor der Neuauflage des WM-Endspiels von 2002 genau registriert, »dass die Deutschen gegen Argentinien ein paar Spieler schonten«. Obwohl die Brasilianer ein Vorrunden-Aus wie vor zwei Jahren beim Confed-Cup in Frankreich gerade noch vermeiden konnten, haben sie weiterhin mehr zu verlieren als zu gewinnen.
Bei einem Erfolg gegen das Team von Jürgen Klinsmann könnte im Endspiel Argentinien der Gegner sein. Und der weitaus frischer wirkende Erzrivale hatte die »Seleção« erst am 7. Juni beim WM-Qualifikationsspiel in Buenos Aires mit 3:1 vermöbelt.

Artikel vom 24.06.2005