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Halbfinale hört sich gut an

Für die DFB-Auswahl geht es gegen Argentinien um den Gruppensieg

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Köln (WB). Wäre dies doch schon die Weltmeisterschaft. Deutschland im Halbfinale. Hört sich gut an. Aber in einem Jahr werden zwei Siege dafür nicht reichen, beim Confederations Cup ist das noch etwas anderes. Hier dürfen sich die vorzeitig qualifizierten Gastgeber jetzt auf ein Duell mit Argentinien freuen, in dem ihnen nicht mehr so ganz viel widerfahren kann.

Morgen in Nürnberg spielen die beiden Mannschaften um 20.45 Uhr (live in der ARD) nur um die kleinen Feinheiten, die ja auch nicht zu verachten sind. Es geht um das Prestige und den Gruppensieg, der vor dem Halbfinale immerhin das erneute Bestellen des Umzugwagens erspart. Ein vorzeitiges Aufeinandertreffen mit Brasilien zu vermeiden, wäre allerdings wohl eher das Privileg des Tabellenzweiten.
Der Spitzenreiter der Gruppe A heißt nach dem 3:0 gegen Tunesien im Augenblick Deutschland - mit einem Tor Vorsprung. Also genügt im Frankenstadion bereits ein Unentschieden, das auch schon anlässlich des letzten Freundschaftsvergleichs im vergangenen Jahr (2:2) gelang. »Argentinien ist aber noch ein anderes Kaliber als Tunesien«, erwartet Kapitän Michael Ballack, dass seine Mannschaft zur bisher besten Turnierleistung gezwungen sein dürfte, um den Spitzenplatz nicht noch rausrücken zu müssen.
Gegen den Afrikameister zeichnete sich bis 16 Minuten vor Schluss überhaupt nicht ab, dass die Deutschen ähnlich wie beim 4:3 zum Auftakt gegen Australien auf Torjagd gehen würden. Dann brachten Michael Ballack (74., Foulelfmeter), Bastian Schweinsteiger (80.) und Mike Hanke (88.) den anstrengenden Spätnachmittag in der Hitze von Köln doch noch zu einem erfrischenden Ende. Und Kapitän Ballack kam sich vor wie auf einer ausgiebigen, aber hoffentlich lohnenden Wanderschaft, bei der das Zielband erst bei der Weltmeisterschaft 2006 flattert: »Das war wieder ein kleiner Schritt nach vorn.« Stück für Stück zum Fußball-Glück.
Der Bundestrainer wähnt sich eher im Vergnügungspark. Auf den Spaßfaktor verweist Jürgen Klinsmann jedes Mal aufs Neue, wenn er über seine Nationalspieler spricht. Er will sie mitnehmen in die Achterbahn, weil diese Form des Unterwegsseins ihm das beste Sinnbild liefert auf dem WM-Weg. Da geht es rauf und runter, und so einen Ritt erwartet Klinsmann: »Wir werden noch einige Aufs und Abs erleben, aber wir werden diese Achterbahn mitmachen. Wir kommen im Reifeprozess Schritt für Schritt voran.«
Gegen Tunesien begannen die Deutschen gut und noch besser hörten sie auf. Dazwischen rauschte die Achterbahn mit ihnen allerdings für eine Stunde bis hinunter zur Basisstation. Der technisch versierte, taktisch geschulte und spielerisch pfiffige Gegner war nah dran, die DFB-Auswahl an jenen Punkt zu führen, wo sie mit einer Nullnummer auch nicht so unglücklich gewesen wäre. Ein Einsehen hatte erst der Tunesier Abdi Wissem, der mit einer Reihe verwirrter Verteidigungsversuche die deutschen Halbfinalpläne tatkräftig unterstützte.
Der geschickten Strafraum-Einfädler von Ballack wäre vermutlich auch von anderen nicht verhindert worden, jedoch hatte Wissem den Elfmeter mit einem verlorenen Kopfball-Duell gegen Kuranyi auch heraufbeschworen. Ballack jagte den Strafstoß in die Mitte des Tores direkt unter die Latte. Nach diesem Volltreffer steckten die Tunesier auf, sie wurden zwei weitere Mal erwischt und deutlicher abgefertigt, als es sie und auch die Sieger verdienten.
Damit bleibt den Afrikanern nur das Schaulaufen gegen den ebenfalls gescheiterten Ozeanien-Titelträger Australien, während Deutsche und Argentinier ihr Gipfeltreffen bestreiten, ohne dabei ausscheiden zu können. Für Klinsmann steht trotzdem fest, dass diese Partie keine halbe Sache wird: »Wir wechseln nicht die halbe Mannschaft aus. Argentinien ist ein Highlight und stellt vielleicht die Top-Mannschaft in der Welt. Wir wollen gewinnen und Gruppensieger werden.«

Artikel vom 20.06.2005