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Zwischen Frack
und Hühnerpürzel

Kostümverkauf mit Warteschlange


Bielefeld (bp). Zeitweise zog sich die Schlange der Wartenden durch Flur, Vorraum und hinaus auf die Brunnenstraße, Praktikantin Jessica Althön musste den Einlass regulieren: Der Verkauf von ausgedienten Kostümen aus dem Fundus des Theaters war für einige hundert Bielefelder buchstäblich anziehend.
Aus mehr als 500 ehemaligen Bühnengarderoben - vom Kosackenjäckchen bis zum Harlekin-Einteiler, vom Frack mit Brokatweste bis zum paillettenbestickten Abendkleid - Thomas Wittland, für den Fundus verantwortlich, hatte viel Vorarbeit geleistet, um eine breite Auswahl zu bieten. Gekauft werden musste nicht einfach nach Ansehen, quasi die berühmte Katze im Sack - die Kostüme durften auch anprobiert werden.
Meist verließen sich die Käufer(innen) dann nicht auf den kontrollierenden Blick in einen der wenigen und dicht umlagerten Spiegel, sondern auf das Urteil von Freundin, Ehemann oder Mutter.
So war Dorit Jording gemeinsam mit ihren Töchtern Farina und Judith gekommen - nicht, um etwas für einen bestimmten Anlass zu suchen, sondern »vor allem, weil es Spaß macht.« Dorit Jording: »Wir kennen das, haben auch schon gekauft und die Teile angezogen - meist aus Jux.« May-Lena und ihr Freund Alex fanden Gefallen an einer pludrigen gelben Hose mit Trägern und passender Kappe: »Das sieht doch super aus!«
Thomas Wittland hatte ein Sortiment zusammengestellt, dass so ziemlich alle Bekleidungsepochen von der »Antike« bis zu den »Roaring Twenties«, vom Mittelalter über die napoleonische Ära bis hin zur Salonmode des 19. Jahrhunderts abdeckte. Nur für ein Hühnerkostüm mochte sich niemand so recht begsitern. Einhellige Meinung: »Der Pürzel hinten stört - da kann man sich gar nicht hinsetzen.«
Maximal zweimal pro Jahr lädt das Theater zu einem Fundus-verkauf ein; die Kostüme, die bei längst vergangenen Vorstellungen getragen wurden, kosten von 5 Euro an aufwärts. Thomas Wittland weiß: »Wer eine Aufführung in seiner Theatergruppe im Verein plant, der kann hier schnell fündig werden - oder Bielefelder, die jetzt schon an den nächsten Karneval denken.«

Artikel vom 20.06.2005