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Abschied nach 63 Bühnenjahren
Helmuth Westhausser und Klaus Lange verlassen Bielefelder Theater und brechen eine Lanze für das Festengagement
Abschied als feste Ensemble-Mitglieder immerhin. Klaus Lange ist am 6. Juli zum letzten Mal in »Ladies Night« zu sehen (Theater am Alten Markt, Bielefeld), Helmuth Westhausser am selben Abend in »Die Weber« (Theaterlabor, Bielefeld).
Unisono sagen die beiden Künstler aber: »Wenn es gelegentlich noch die eine oder andere Rolle gibt, ja, dann würden wir nicht nein sagen.«
Helmuth Westhausser sagt: »Die Schauspielerei ist ein harter Beruf, den man mit Haut und Haar lieben muss, sonst hält man nicht durch.« Klaus Lange betont, er sei immer froh gewesen, in festem Engagement zu stehen: »Denn man ist ja nur Schauspieler, wenn man auch schauspielt.«
Westhausser, der, wenn er will, das Österreichische seiner Muttersprache durchklingen lässt, stand bereits mit zwölf Jahren auf der Bühne, und damals bereits habe es ihn »gepackt«. Zunächst aber trat er in Mutters Fußstapfen: Sie war Kostümbildnerin. Helmuth Westhausser besuchte die Textilschule, begann fast gleichzeitig aber auch mit der Schauspielschule: »Mit 23 war ich fertig, anschließend habe ich Schmiere gespielt.« Er erinnert sich: »Wir mussten unsere Bühne selbst aufbauen - meist in Wirtshäusern, sind mit Kostümen und Kulissen herum gefahren, haben dreimal täglich gespielt: morgens für Kinder, nachmittags etwas Heiteres, abends ein Drama. . .« Diese Zeit habe ihn »bestens« vorbereitet auf die zahllosen Weihnachtsmärchen, in denen er sich in Bielefeld in die Herzen der Kinder gespielt hat. Er schätzt, dass es zusammen wohl so an die 2000 Vorstellungen gewesen seien - allein Märchen.
Nach der »Schmiere« spielte Westhausser in Wien, im »Theater an der Wien« und im »Theater an der Josefstadt«, aber es habe nichts »auf Dauer« gegeben. Inzwischen hatte er seine Frau Inge kennengelernt - sie ist wie er am Theater tätig, in der Damenschneiderei. Als ihm etwas »Festes« angeboten worden sei, sei er mit der Familie zunächst nach Rendsburg gezogen, dann nach Bielefeld. Westhausser: »Die Familie gehört doch zusammen.«
Sein Debüt in Bielefeld gab er mit der Rolle des Dauphin in Dürrenmatts »König Johann«. Seitdem hat er viele große Rollen gespielt. Gern erinnert er sich an »Herz eines Boxers«, »Gesellschaft am Abgrund«, aber auch an »Wiener Blut« (»das habe ich dreimal gespielt«), wo er sein eigenes Wiener Blut voll ausspielen konnte.
Aufmerksamkeit erregte Westhausser auch durch seine Darstellung des »Herrn Karl« in dem gleichnamigen Einpersonenstück von Carl Merz und Helmut Qualtinger. Die Größe der Rollen sei für ihn nie entscheidend gewesen, so Westhausser: »Mir ist es wichtig, wenn ich etwas einbringen kann, versuchen kann, an Grenzen zu gehen.«
Bedenken, sich im Ruhestand zu langweilen, hat Westhausser nicht: Er spielt Tennis, möchte mit seiner Frau einen Tanzkurs besuchen, Sprachen lernen. Außerdem freue er sich darauf »spontan irgendwo hinfahren zu können, ohne dazu einen Urlaubsschein zu brauchen.« Und auf mehr Zeit mit den Enkelkindern. Er will natürlich auch weiter mitwirken im »Salonorchester Melange«, das er vor zehn Jahren mit gegründet hat. Spezialität: Wiener Kaffeehaus-Musik.
Klaus Lange wurde in Bonn geboren und ist in Bremen aufgewachsen. Bereits als Unterprimaner hatte er die Idee, Schauspieler werden zu wollen. Lange: »Damals habe ich mich in Hamburg an der Schauspielschule beworben, bin sogar zum Vorsprechen eingeladen worden, dann aber hatte ich Angst vor der eigenen Courage, bin nicht hingefahren.« Er studierte in Bonn Mathematik und Volkswirtschaft, besuchte gleichzeitig aber die Schauspielschule in Köln und Düsseldorf, spielte und inszenierte an der Studiobühne Bonn. Obwohl er damals »Blut geleckt« habe, habe er sein Examen durchgezogen, und er sei froh darüber: »Das gab mir ein Gefühl der Sicherheit.« Klaus Lange war dann in Göttingen, Pforzheim und Krefeld engagiert. In Pforzheim habe er Heiner Bruns kennen gelernt. Als der dann zur Spielzeit 1975/76 Intendant des Bielefelder Theaters wurde, holte er Lange in sein Ensemble. Der Schauspieler: »In Bielefeld habe ich mich meistens wohl gefühlt.« Er habe »wundervolle Sachen« gespielt und, nachdem er 1982 seine Hannelore kennen gelernt habe, habe er »erst recht keinen Grund zum Wechseln« gehabt. Gespielt hat er große Rollen wie den Kreon in »Antigone«, den Willy Lomann in »Tod eines Handlungsreisenden«, den Faust in Goethes Faust I und II.
»Ich habe viel erlebt, und es war unterm Strich sehr schön«, zieht er eine Art Fazit seines Berufslebens. Natürlich freut er sich aber auch auf die Zeit »danach«, denn er hat viele Pläne: eine Reise nach Ägypten, ein Latein-Tanzkurs, als Venedig-Liebhaber »endlich Italienisch zu lernen« - und er will im Bereich der volkswirtschaftlichen Statistik tätig werden. Endlich hat auch die Angst des bekennenden Arminia-Mitgliedes ein Ende, ob wohl am Heimspieltag abends eine große Vorstellung ist. Klaus Lange: »Bisher musste der Verein dann auf meine Unterstützung verzichten.« Helmuth Westhausser und Klaus Lange haben in der zu Ende gehenden Saison auch gemeinsam gespielt: in »Dantons Tod«. Gefeiert wird der Un-Ruhestand schon vor der jeweils letzten Vorstellung am 6. Juli. Beide wissen: »An dem Wochenende vorher, da soll wohl was geplant sein. Haben wir so gehört. . .«
Burgit Hörttrich

Artikel vom 25.06.2005