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Von Burgit Hörttrich

Bielefelder
Optik

Bielefeld = Nörgelfeld


Es ist wie ein Reflex. Kaum macht jemand einen Vorschlag, meldet sich umgehend ein anderer, der dagegen ist. Das ist in der Politik so. Aber nicht nur. Und vielleicht ist dieser Reflex in Bielefeld sogar besonders ausgeprägt. Bielefeld ist Nörgelfeld.
Beispiele der letzten Tage:
Nummer 1: Pro Grün, Pro Bielefeld, Verkehrsverein, Stadtsportbund... regen an, die Abgrabungen für die Trasse der A33 an einer Stelle zu bündeln und dann dort einen See zu schaffen. Geht nicht, kostet Geld, ist technisch schwierig, macht Arbeit, schallt es sofort von der anderen Seite.
Nummer 2: Der Oberbürgermeister möchte umsetzen, was schon in der letzten Wahlperiode nötig gewesen wäre, aber politisch nicht durchsetzbar war. Jetzt, am Anfang seiner zweiten Amtszeit, will er die Zahl der Bezirksämter um vier verringern und gleichzeitig den Bürgern besseren, wohnortnäheren Service bieten. Dienstleistungen wie Passverlängerung, Gelbe Sack-Ausgabe, Beantragung einer Lohnsteuerkarte... können in der nächst gelegenen Sparkassen-Filiale erledigt werden.
Nein, unser Bezirksamt geben wir nicht auf, schallt es gleich aus den »betroffenen« Stadtbezirken.
Wieder einmal kommt der Widerstand aus Kreisen der Verwaltung bzw. der Politik.
Die Bürger sehen das völlig anders: Sie hätten gern einen See. Punkt.
Ob der Bau eines solchen Sees machbar ist, das muss erst einmal untersucht werden. Dann kann man anhand von Fakten abwägen.
Und: Wie häufig besucht der einzelne Bürger sein Bezirksamt? Einmal im Jahr? Oder sogar noch seltener. Ein Pass hat schließlich zehn Jahre Gültigkeit. Außerdem ist der Weg zur nächsten Sparkassen-Filiale näher als zum Beispiel von Heideblümchen womöglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Sennestadt zu fahren. Oder von Deppendorf nach Dornberg. In Hillegossen wird das System schon seit Jahren praktiziert: Weil die Wege zum Bezirksamt nach Heepen zu weit sind, gibt es eine Außenstelle. Und es klappt reibungslos und schnell. Die kommunale Neuordnung liegt inzwischen 32 Jahre zurück - nicht jeder ehemals selbstständige Ortsteil braucht sein »Bürgermeisteramt«.
An dieser Stelle kann gespart werden und der Bürger merkt etwas davon - etwas Positives. Und was hat der See damit zu tun? Es ist etwas Neues für Bielefeld. Das haben wir noch nie so gemacht. Und deshalb müssen wir Bielefelder wohl weiter an den Dümmer fahren oder an die Baggerseen in Paderborn... Es sei denn, es werden Fakten geboten, die Orientierung bieten. Und eine Grundlage dafür, ja oder nein zu sagen.

Artikel vom 18.06.2005