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Bundesrat lehnt Mindestlohn ab

Widerstand gegen Einschnitte bei Pensionen - Lärmreduzierung beschlossen

Berlin (dpa/Reuters). Der Bundesrat hat sich gegen die Einführung von Mindestlöhnen ausgesprochen. Die unionsdominierte Länderkammer machte am Freitag klar, dass sie gegen die Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes auf alle Branchen stimmen wird.
Die rot-grüne Koalition will damit das Lohndumping vor allem osteuropäischer Billigarbeitnehmer bekämpfen. Mit dem bereits in der Bauwirtschaft und einigen verwandten Branchen geltenden Gesetz können ausländische Arbeitgeber verpflichtet werden, ihren nach Deutschland entsandten Arbeitnehmern den deutschen tariflichen Mindestlohn zu zahlen.
Baden-Württembergs Arbeitsminister Andreas Renner (CDU) sagte bei der ersten Beratung im Bundesrat, der Gesetzentwurf dürfe nicht verabschiedet werden. Die Einführung von Mindestlöhnen durch den Staat sei rechtlich zweifelhaft. Im Bundestag waren Union und FDP ebenfalls gegen das Gesetz. Bleibt der Bundesrat bei seinem Nein, stehen angesichts der Bundestagsneuwahldie Chancen für das Vorhaben schlecht.
Der Bundesrat lehnt auch die von der Bundesregierung geplanten Abstriche bei den Beamtenpensionen ab. Bei der Beratung am Freitag wurde deutlich, dass die von der Union beherrschte Länderkammer das Versorgungs-Nachhaltigkeitsgesetz nicht mittragen will. Damit sollen die in der Rentenversicherung bereits vorgenommenen Einschnitte »wirkungsgleich« auf die Beamtenversorgung übertragen werden.
Die Einsparungen sollen einer Versorgungsrücklage zufließen. Der Gesetzentwurf sieht ferner die Übernahme der tariflichen Einmalzahlungen von jeweils 300 Euro von 2005 bis 2007 für die Bundesbeamten vor. Die Länder sollen dies für ihre Beamten selbst entscheiden.
Der bayerische Bundesratsminister Erwin Huber (CSU) lehnte eine »Sonderbehandlung der Beamten« ab. Der Gesetzentwurf gehe über eine Eins-zu-Eins-Umsetzung des Rentenrechts hinaus.
Gesundheitsgefährdender Lärm soll künftig deutlich reduziert werden. Der Bundesrat verabschiedete das Gesetz, nachdem sich zuvor Koalition und Union im Vermittlungsausschuss auf eine abgeschwächte Regelung verständigt hatten. Die EU hatte den Mitgliedstaaten auferlegt, in Ballungsräumen mit mehr als 250 000 Einwohnern bis spätestens Juni 2007 Lärmkarten und spätestens im Juli 2008 Maßnahmen-Pakete gegen den Lärm vorzulegen. Für die Erstellung dieser Karten sollen die Städte Finanzhilfe vom Bund erhalten.
Während der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland sollen die Läden nach dem Willen des Bundesrates länger öffnen. Der Bundesrat billigte Entschließungsanträge, mit denen die Länder die volle Kompetenz für die Regelung des Ladenschlusses fordern. Bayerns Bundesratsminister Erwin Huber (CSU) sagte, bei einem Regierungswechsel werde eine neue Bundesregierung diese Kompetenzen den Ländern übertragen.
Die Polizei darf bei der Verfolgung schwerer Straftaten weiter lauschen. Der Bundesrat stimmte dem Vermittlungs-Kompromiss von Rot-Grün und Union zur Neuregelung der akustischen Wohnraumüberwachung zu. Der Kompromiss erweitert den Katalog der Straftaten, bei denen abgehört werden darf. Dies betrifft den Verdacht auf eine gewerbs- oder bandenmäßige Fälschung von Zahlungskarten, Schecks und Wechseln sowie bestimmte Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung.
Das Abhören von Gesprächen mit so genannten Berufsgeheimnisträgern - Rechtsanwälten, Notaren, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern, Ärzten, Abgeordneten und Journalisten - bleibt unzulässig.

Artikel vom 18.06.2005