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Viele Studenten müssen jetzt zahlen

Nur noch Bafög-Empfängern werden die Rundfunkgebühren erlassen

Von Dietmar Kemper
und Monika Schönfeld (Foto)
Bielefeld (WB). Obwohl Madita Herzog aus Schloß Holte-Stukenbrock (Kreis Gütersloh) nach Abzug der Miete nur 200 Euro im Monat bleiben, lehnt die GEZ eine Befreiung von den Rundfunkgebühren ab.
Madita Herzog schaut nur noch mit Wut im Bauch fern. Gebühren muss sie weiter zahlen.

Zum 1. April änderte die Gebühreneinzugszentrale in Köln die Regelung für Studierende, und seitdem herrscht unter angehenden Akademikern Unmut. »Wenn ich schon kein Bafög bekomme, werden mir wenigstens die Rundfunkgebühren erlassen«, dachte sich Madita Herzog (22). Die junge Frau studiert in Bielefeld Volkswirtschaftslehre, verdient im Nebenjob 400 Euro und erhält 150 Euro Kindergeld. »Weil sich auch Kleinigkeiten summieren, muss ich sparen«, sagte Herzog dieser Zeitung. 17,03 Euro Rundfunkgebühren im Monat seien kein Pappenstiel.
Die GEZ will die Studierende aber nicht von den Gebühren befreien. In diesen Genuss kommen seit April 2005 nur noch die Nachwuchsakademiker, die Bafög erhalten und nicht bei den Eltern leben, teilt die Behörde mit. »In anderen Fällen ist das nicht mehr möglich«, sagte GEZ-Sprecherin Nicole Hurst dieser Zeitung. Bis zur Neuregelung galt dagegen die so genannte »Tatbestandsbefreiung wegen geringem Einkommen«. Keine Gebühren für Fernsehen und Radio mussten demnach Studierende bezahlen, deren Einnahmen unter dem von der Rechtsprechung als angemessen angesehenem Bedarfssatz von derzeit knapp 600 Euro liegen. So wie auf Madita Herzog trifft diese Einkommenssituation auf 23 Prozent aller Studierenden in Nordrhein-Westfalen zu. Das geht aus dem Bericht der Arbeitsgemeinschaft der Studentenwerke NRW in Bielefeld vom November 2004 hervor.
»Viele Studierende sind aus allen Wolken gefallen«, sagte eine Mitarbeiterin des Hochschulmagazins »UNICUM« gestern dieser Zeitung. Die GEZ möchte auf die Gebühren nicht verzichten und argumentiert: Wer kein Bafög bekommt, dessen Eltern haben ein zu hohes Einkommen und könnten für das Kind einspringen. Die Bewilligung von Bafög hänge aber nicht nur vom Einkommen der Eltern ab, betont Madita Herzog: Auch ein Fachrichtungswechsel könne die Ausbildungsförderung beenden.
23 Prozent der zwei Millionen Studierenden in Deutschland erhalten Bafög, in Bielefeld sind es 21,4 Prozent. Ihnen werden im Schnitt 370 Euro jeden Monat überwiesen. Wer sich von den Rundfunkgebühren befreien lassen wolle, müsse bei der GEZ eine beglaubigte Kopie des Bafög-Bescheids vorlegen, erklärte der Abteilungsleiter im Amt für Ausbildungsförderung beim Studentenwerk Bielefeld, Christian Noske. Auf Rosen gebettet sind die Studierenden nicht: in Bielefeld jobben zwischen 70 und 80 Prozent, in Paderborn mehr als 60 Prozent der jungen Leute neben dem Studium.

Artikel vom 16.06.2005