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Klügere gehen zu Mediatoren

Heute im Gespräch: Dr. Reiner Ponschab -Ê»Streit vor Gericht wird teuer«

Bielefeld/München (WB). Egal, wie viel ein Gerichtsverfahren kostet: Es ist in jedem Fall zu teuer. Um Prozesse zu vermeiden, bieten bundesweit etwa 400 Wirtschaftsmediatoren ihre Dienste an. Über das, was sie leisten, sprach Bernhard Hertlein mit dem Münchner Rechtsanwalt Dr. Reiner Ponschab, dem Vorsitzenden der Gesellschaft für Wirtschaftsmediation und Konfliktmanagement (GWMK).
Einsatz von Mediatoren spart Geld: Dr. Reiner Ponschab (München).

Streit muss sein, heißt es. Ein Gewitter reinige die Luft. Teilen Sie diese Einschätzung?Ponschab: Gelegentlicher Streit mag Spannungen abbauen; der Konflikt an sich wird dadurch nicht gelöst.

Wie viel Geld tragen kleine und mittlere Unternehmen jährlich für Prozesskosten in die Gerichtskassen?Ponschab: Statistiken gibt es darüber nicht. Aber auf jeden Fall ist es zuviel.

Das klingt so, als wären diese Ausgaben vermeidbar.Ponschab: Ein großer Teil der Gerichtsverfahren ist in der Tat überflüssig und vermeidbar.

   Wie geht das?Ponschab: In dem die Unternehmen einen ausgebildeten Mediator einschalten. Es sind ja nicht nur die Kosten für die Anwälte und das Gericht, die negativ zu Buche schlagen. So ein Verfahren bindet einfach sehr viel Arbeitskraft bei den Mitarbeitern, die, statt produktiv zu sein, beispielsweise in alten Akten stöbern.

Was kostet im Gegenzug ein Mediator?Ponschab: Normalerweise wird nach Stunden abgerechnet. Eine feste Honorarordnung gibt es nicht. Die Sätze reichen von 100 bis 400 Euro. Manche vereinbaren auch ein Erfolgshonorar. Dann sind die Stundensätze natürlich niedriger.

Streit zwischen Arbeitgeber und -nehmer steht oft am Ende der Beziehung -Êwenn die Kündigung schon ins Haus geflattert ist. Was kann ein Außenstehender dann noch ausrichten?Ponschab: Man muss sehen, wie ein solcher Kündigungsprozess, der in Wirklichkeit ein Prozess um die Höhe der Abfindung ist, abläuft. Das Gericht hat eigentlich nur die Wahl zwischen Ja oder Nein. Da ist kein Platz für Phantasie. Urteilt der Richter nach eineinhalb oder zwei Jahren, dass die Kündigung rechtswidrig gewesen ist, so ist der Unternehmer formal verpflichtet, einen ungeliebten Mitarbeiter wieder einzustellen. Der Kläger selbst spürt nach dieser langen Zeit aber selbst wenig Lust, sich für diesen Arbeitgeber wieder ins Zeug zu legen. Viel sinnvoller ist es, zu einem früheren Zeitpunkt einen Mediator einzuschalten. Vielleicht einigt man sich dann auf ein Outsourcing, bei dem der Arbeitgeber das Geld, das er ansonsten ins Gerichtsverfahren stecken würde, aufwendet, um seinem Mitarbeiter zu einer neuen Aufgabe oder Stellung zu verhelfen.

Streit mit Kunden spricht sich herum und ist deshalb doppelt ärgerlich . . .Ponschab: Wenn ich gegen einen Kunden vor Gericht ziehe, habe ich schon mindestens einen Kunden verloren. Das bringt die Dynamik eines solchen Gerichtsverfahrens mit sich, dass man anschließend fast immer endgültig zerstritten ist. Außerdem muss der Unternehmer damit rechnen, dass der Prozess einem breiten Publikum bekannt wird. Die Mediation ist viel behutsamer und findet nicht öffentlich statt.

Streit zwischen Gesellschaftern kann ein Unternehmen ruinieren. Gibt es erfolgreiche Beispiele für eine Schlichtung?Ponschab: Diese Fälle sind besonders schwierig. Da werden manchmal Vorwürfe konstruiert, nur weil man sich eigentlich nicht sympathisch ist. Aufgabe des Mediators ist es, diesen Sachverhalt offenzulegen. Danach kann über die Bedingungen gesprochen werden, unter denen eine Beteiligung aufgelöst werden kann. Oder über noch ganz andere Lösungen.
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Artikel vom 18.06.2005