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Es steht in den Sternen geschrieben

Über Tunesien ins Halbfinale: Deutschlands Sehnsucht nach einem Sieg gegen die Großen

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Köln (WB). Bei günstigem Verlauf des zweiten Spieltags der Gruppe A kann Deutschlands Fußball-Nationalmannschaft schon an diesem Samstag gegen Tunesien (18 Uhr/live im ZDF) vorzeitig ins Halbfinale des Confederations Cups einziehen.

Voraussetzung dazu ist zunächst ein eigener Sieg in Köln, dem drei Stunden später in Nürnberg ein Erfolg Argentiniens gegen Australien folgen müsste. Das ist eine Konstellation, die nicht so abwegig erscheint. Auch am nächsten Wochenende weiter als aktiver Teilnehmer beschäftigt zu sein, haben die Gastgeber schließlich zu ihrem Minimalziel erhoben. Als Option für den Turnier-Triumph würden sie sich auch gern sehen.
Noch besteht aber Unklarheit darüber, ob die DFB-Auswahl schon wieder so weit ist, an die drei Sterne zu erinnern, die sie auf den Trikots trägt. Drei Sterne - dreimal Weltmeister. Das ist nicht auszulöschen und garantiert auf ewig einen Stammplatz in der Fußball-Weltgeschichte. Geschätzt und respektiert werden die Deutschen weiterhin, da ist die Legendenbildung wahrscheinlich stärker als ihre aktuelle Verfassung. »Sie sind immer gefährlich«, warnte Brasiliens Trainer Carlos Albero Parreira, auch wenn ihre Gegner sie nicht mehr für den schlimmsten Schrecken halten.
»Wir stehen aber auf dem Zettel, wir werden notiert«, verkündete Bundestrainer Jürgen Klinsmann nicht ganz ohne Stolz. Auch Parreira klopfte seinem Kollegen auf die Schulter. »Die Entwicklung dieser Mannschaft ist beachtlich«, lobte der Weltmeister-Coach.
Der Russe Juri Sjomin verstieg sich nach dem 2:2 beim deutschen Confed-Cup-Probelauf in Mönchengladbach sogar zu der These, der Weltklasse begegnet zu sein. Das war allerdings eine abenteuerliche Behauptung. Sie klang verdächtig nach einer Beurteilung aus der Honig-um-den-Bart-Abteilung. Klinsmann wusste das Zitat auch ganz richtig einzuordnen: »Da hat er übertrieben. Aber international wird wieder wahrgenommen, was bei uns passiert. Unser Fortschritt wird gesehen.«
Mehr als Indizien liegen jedoch nicht vor, harte Beweise stehen noch aus. Dazu müsste die deutsche Mannschaft endlich aus der schwarzen Serie ausbrechen, seit Oktober 2000 keinen Riesen mehr verkleinert zu haben. Eine Reihe Remis, in Ordnung. Ein paar vernünftige Spiele, auch okay. Aber ob gegen Argeninien oder Brasilien, Holland oder Frankreich, Italien oder Tschechien und auch Spanien: Nie hieß der Gewinner Deutschland. Es sind vier Jahre und acht Monate vergangen, seit Didi Hamann im Londoner Wembley-Stadion zum 1:0 gegen England traf. Nach diesem Erfolg ist eine ganze Menge passiert, geerbt hat Klinsmann die Sehnsucht, mal wieder eine Nation von höchster Ball-Bedeutung zu schlagen.
Die nächste Gelegenheit dazu bietet sich am Dienstag im (vielleicht für die Tabelle nicht mehr so wichtigen) Duell mit den »Gauchos«, auch gegen die Zuckerhut-Zampanos würde sich die DFB-Elf gern zeigen beim Confed Cup. »Das sind Aufgaben, die uns weiterbringen«, weiß Klinsmann.
Hier können seine Leute sehen, was sie können, was sie nicht können. Vielleicht auch, was sie niemals können werden. So eine flüssig-rythmische Zirkulation der Kugel wie sie die Brasilianer gegen Europameister Griechenland aufführten, haben sie nicht drauf. Über die Fertigkeit jedes Einzelnen aus dem Team des fünffachen Champions muss man gar nicht reden. Es lohnt auch nicht, über das Reservoir nachzudenken, aus dem Parreira sich immer wieder bedienen kann. Während beide Außenbahnen zu den deutschen Problemzonen gehören und fast notdürftig besetzt werden, schickte er seine stärksten Flügel-Figuren Roberto Carlos (links) und Cafu (rechts) zur Erholung in den Urlaub. Wer sich das leisten kann.
Aber drei Sterne auf dem Spielhemd sind auch nicht schlecht. Auch wenn es in den Sternen geschrieben steht, ob die mal wieder so leuchten wie früher.

Artikel vom 18.06.2005