15.06.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Busfahrer
missbraucht
Behinderte

Verdächtiger in Untersuchungshaft

Von Christian Althoff
Paderborn (WB). Das Amtsgericht Paderborn hat Haftbefehl gegen den Fahrer eines Behindertenbusses erlassen. Eugen B. (50) steht im Verdacht, Mädchen und Frauen missbraucht zu haben, die ihm schutzlos ausgeliefert waren. Beweisen lassen sich die Vorwürfe aber offenbar nur im Fall einer 21-jährigen Behinderten.

Bei den vermeintlichen Opfern handelt es sich um junge Frauen, die in den Schloss-Werkstätten Paderborn beschäftigt sind. Die Werkstätten befinden sich in Trägerschaft der Caritas und bieten 550 behinderten Menschen Arbeit - etwa als Verpacker, Schreiner oder Gärtner.
Eugen B., Aussiedler aus Sibirien und Vater von sieben Kindern, war bis zu seiner Festnahme Mitarbeiter eines privaten Paderborner Busunternehmens. Er fuhr Behinderte morgens von ihrem Elternhaus zu den Werkstätten und holte sie nachmittags wieder ab.
Einem Sozialarbeiter der Werkstätten war im März beim Joggen der Behindertenbus aufgefallen, der auf einem Feldweg abgestellt war. Als der Jogger nachsah, entdeckte er Busfahrer Eugen B., der sich im hinteren Teil des Fahrzeuges über eine 21-jährige, geistig Behinderte beugte und sie augenscheinlich küsste. Der Zeuge stellte den Fahrer zur Rede, der ausweichende Antworten gab und sich wieder hinters Steuer setzte. Die Behindertenwerkstätten erstatteten am Tag darauf Anzeige gegen den 50-Jährigen.
Nach Ermittlungen der Kripo soll der Mann die 21-Jährige an mehreren Tagen an der Brust und im Intimbereich berührt und sich vor der hilflosen Frau befriedigt haben. Dieses habe die »äußerst schwierige Befragung« des Opfers ergeben, heißt es. Die Ermittler vernahmen außerdem weitere behinderte Mädchen und Frauen, die Eugen B. gefahren hatte. Einige gaben an, von dem Mann »ausgekitzelt« worden zu sein. Eine eindeutige Sexualstraftat ließ sich in diesen Fällen nicht nachweisen.
Die Staatsanwaltschaft Paderborn hat in der vergangenen Woche Anklage wegen sexueller Nötigung gegen den Busfahrer erhoben, der jede Schuld von sich weist. Eugen B. muss sich am 22. Juni vor dem Landgericht Paderborn verantworten, wo die Eltern des Opfers als Nebenkläger auftreten werden. Sie kritisieren, dass Eugen B. hilflose Menschen fahren durfte, obwohl seinem Arbeitgeber bekannt gewesen sein soll, dass der Mann bereits zuvor Frauen belästigt haben soll. So soll 1996 ein Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs gegen Eugen B. eingestellt worden sein. 2004 soll ein weiteres Mädchen Vorwürfe gegen den Busfahrer erhoben haben. Nachdem dieser die betreffende Familie aufgesucht und die Eltern beschuldigt hatte, ihn zu »ruinieren«, sollen diese von weiteren Schritten abgesehen haben.
Der Geschäftsführer des Busunternehmens wies hingegen gestern die Vorwürfe der Eltern als »völlig unbegründet« zurück: »Hätten wir auch nur den leisesten Verdacht gehabt - wir hätten den Mann keinen Tag länger beschäftigt!« Im polizeilichen Führungszeugnis des Mannes habe es auch keinen Eintrag gegeben: »Sonst hätten ihm die Behörden keinen Personenbeförderungsschein ausgestellt.«

Artikel vom 15.06.2005