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Fleißig zimmern an
der Koalitionskiste

Erst Donnerstag Wunden und Wunder im Paket

Von Reinhard Brockmann
Düsseldorf (WB). An der schwarz-gelben Koalitionskiste wurde in Düsseldorf gestern weiter fleißig gezimmert. Nach außen drangen nur Fertigwaren.
Pinkwart (r.) und der Wolf: Der Bundespolitiker rückt den Spitzenkandidaten in den Schatten.

Noch bevor die Koalitionäre wieder über den roten Teppich die steilen Treppen in die Villa Horion hocheilten, ließen sie den wartenden Journalisten nichts als Erfolgsmeldungen zurück. »Die inhaltlichen Fragen sind weitgehend besprochen«, sagte der von den eigenen Truppen frisch ausgerufene »Innovationsminister« Andreas Pinkwart (FDP). Vor der achten Verhandlungsrunde zeigte er sich mit einem »Kampfstrahlen« im Gesicht, wie es in Berlin allein Guido Westerwelle abonniert hat.
Als großer Überraschungssieger im internen Duell mit Ingo Wolf (Innenressort) und Düsseldorfer Gefolge hatte Pinkwart gut Lachen. Der künftige Ministerpräsident, Jürgen Rüttgers persönlich, bestätigte seinen gelben Vize en passant. Der FDP-Landesparteichef belebt die Idee des Rüttgers 1998 verlustig gegangenen Zukunftsministeriums neu. 60 Kilometer flussabwärts wird der Titel aus dem Bett von Vater Rhein gefischt: »Minister für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie«.
Und um allen Zauderern und Spöttern den Spaß am Spekulieren über Unklarheiten zu nehmen, diktierte Dr. Rüttgers in die Blöcke: »Die 4000 Lehrerstellen sind unstrittig.«
Tag für Tag wird in Düsseldorf klarer, dass die echten Kompromisse, bei denen beide Seiten bluten müssen, erst am Schluss und dann im Paket öffentlich werden. Hintergrund: Kämen die Verletzungen wie Salami-Scheiben auf den Markt, das Erregungspotenzial wäre groß. En bloc soll am Donnerstag nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags alles bei einer Pressekonferenz komplett und geordnet auf den Tisch gelegt werden.
Wunden und Triumphe von CDU und FDP werden sich dann die Waage halten. Die zwei Sonderparteitage am Samstag in Dortmund (FDP) und Düsseldorf (CDU) erhalten so wenig Erregungspotenzial wie möglich.
Merkwürdig ausgenommen bleibt weiterhin die Steinkohle. »Es geht uns im Kern darum, dass wir für das Ruhrgebiet und insgesamt für Nordrhein-Westfalen durch ein Auslaufen des subventionierten Steinkohlebergbaus eine neue Zukunft beschreiben wollen«, orakelte Pinkwart.
Der Ausstiegsfahrplan werde so gestaltet, dass sowohl den Beschäftigten als auch den Börsen-Plänen der RAG ein vernünftiger Weg geebnet werde, sagte Pinkwart weiter alles und nichts. »Ich bin zuversichtlich, dass wir diesen Knoten in den nächsten Tagen auflösen werden.«
Noch nicht spruchreif, aber intern heiß diskutiert: Die RAG beschäftigt 120 000 Menschen, davon aber nur 35 000 auf den Zechen. Die Lösung liegt in den großen »weißen« Bereichen bei der Degussa. Hier ließen sich jene Kumpel unterbringen, denen sonst die betriebsbedingte Kündigung droht. Rüttgers hat im Wahlkampf, oh Wunder, behauptet, man käme ohne aus. Und mit diesem weißen Kaninchen aus dem schwarzen Hut könnte er sogar Wort halten.

Artikel vom 14.06.2005