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Gemeinschaftsgefühl
der ganz neuen Art

Rheingau-Musik-Festival beginnt am 25. Juni

Oestrich (dpa). Von solchen Problemen träumen andere Intendanten: Zwei Wochen bevor der erste Ton beim Rheingau-Musik-Festival erklingt, sind mehr als 80 Prozent der Karten weg und 100 von 147 Konzerten schon ausverkauft.
Hat nur ein Wetterproblem: Michael Herrmann.Foto: dpa

Der künstlerische Leiter Michael Herrmann (61) muss enttäuschte Musikliebhaber beruhigen, die nicht zum Zug kamen und sich über die Sponsorenkontingente ärgern. Das Festival rund um das ehrwürdige Kloster Eberbach, die Weingüter und Kirchen des hessischen Rheingaus läuft vom 25. Juni bis 3. September im 18. Jahr völlig unbeeindruckt von Wirtschaftsflaute und Zukunftsangst - und das bei Kartenpreisen bis zu 120 Euro. Es ist eines der größten in Deutschland und fast völlig frei finanziert. Der öffentliche Anteil am 6,3-Millionen-Euro-Etat des zehnwöchigen Fests beträgt 0,4 Prozent.
70 Prozent Klassik mit Spitzenkonzerten wie der Symphonie »Aus der neuen Welt« vom New Yorker Philharmonic-Orchester und zehn Prozent Jazz mit großen Namen wie Albert Mangelsdorff und Paul Kuhn sind die Basis des Festivals. Den Rest nennt Programmchefin Evelyn Meining »unser Regionalcharming«: Besucher können an einer hunderte Meter langen Festtafel zu Füßen von Kloster Eberbach mitten in den Weinbergen zur Musik speisen. Es gibt auch die Reihe »Fahrende Musiker in Weingütern«, eine »Riverboat Shuffle« mit Jazz auf dem Rhein und Galakonzerte, bei denen nach einem Begrüßungssekt und nicht mehr als 60 Minuten Klassik ein Vier-Gänge-Menu im Nobelrestaurant folgt.
Ein Fünftel aller Konzerte findet, wie es sich für ein Sommerfestival gehört, draußen statt. Deshalb gehört der bange Blick gen Himmel zum Kummer der Veranstalter. Um die Entscheidung über Verlegungen treffen zu können, lässt Herrmann sich täglich vom Wetterdienst beraten. Wenn alle Stricke reißen, verteilen die Helfer kostenlose Regencapes. Besucher im dunklen Anzug oder Kostüm helfen sich dann gegenseitig in die Plastikhaut. »Ein ganz neues Gemeinschaftsgefühl beim Konzert«, sagt Hermann.
www.rheingaufestival.de

Artikel vom 15.06.2005