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Börsianer bauen auf stabile
Mehrheit für Reformregierung

Von Allianz bis Siemens: Diese Aktiengesellschaften profitieren

Von Bernhard Hertlein
Paderborn (WB). Für die Börse stehen die Gewinner eines möglichen Regierungswechsels am 18. September bereits fest: Aktien der Energiekonzerne, allen voran E.ON, haben seit der Ankündigung vorgezogener Neuwahlen durch Kanzler Gerhard Schröder klar angezogen.

Auch der wichtigste Börsenindex Dax hob zu einem kleinen Höhenflug ab. Offenbar, so Karsten Pohl von der Volksbank Paderborn-Höxter, glauben die Anleger, dass die nächste Bundesregierung die notwendigen Reformen in Angriff nehmen wird. Sollten, worauf alle Umfragen derzeit hindeuten, CDU/CSU und FDP die Neuwahlen gewinnen, so hätte die nächste Bundesregierung auch im Bundesrat eine Mehrheit. Diese sei seit der NRW-Wahl mit 43 von 69 Stimmen so komfortabel, dass sie während der gesamten ersten Hälfte der Legislaturperiode selbst bei Niederlagen in Landtagswahlen nicht verloren gehe. Im Übrigen, so der Leiter der Abteilung Vermögensmanagement in der größten NRW-Volksbank, wüssten die Bürger nur zu gut, dass Reformen unumgänglich seien.
Als Beispiele nennt Pohl die Liberalisierung des Kündigungsschutzes sowie Senkung der Lohnnebenkosten: »Auf diese Signale warten die Betriebe.« Zusätzlich hätten Senkungen der Einkommens- und Körperschaftssteuern positive Auswirkungen, die allerdings wegen der wahrscheinlichen Gegenfinanzierung durch eine höhere Mehrwertsteuer für einige Branchen wieder relativiert würden. Außerdem könnte der angekündigte Subventionsabbau für manche Unternehmen etwa im Energiesektor (Kohleproduktion, Anlagenbauer im Bereich alternativer Energien) und im Bausektor (Rücknahme der Eigenheimzulage) kurzfristig negative Folgen nach sich ziehen. Die Deutsche Telekom und die Deutsche Post müssten sich vermutlich auf eine schnellere Liberalisierung einstellen.
Unterm Strich würden jedoch alle von den langfristigen Strukturveränderungen profitieren. Die Verlängerung der Nutzungsdauer von Kernkraftwerken von 32 auf vermutlich 40 bis 45 Jahre komme besonders E.ON zugute: Der Konzern hat in Deutschland mit etwa 50 Prozent den höchsten Atomkraftanteil. Konzerne wie BMW, MAN, Siemens, Deutsche Post und Lufthansa, die sowohl viel Personal in Deutschland beschäftigen als auch den größten Teil ihrer Gewinne hier erzielen, würden von den Reformen in besonderer Weise profitieren. Weil das soziale Netz und Rentensystem dringend einer Ergänzung durch mehr private Vorsorge bedürften, sieht Pohl auch Allianz und andere Versicherer beim Regierungswechsel auf der Gewinnerseite.
Insgesamt, so Pohl, sei der deutsche Aktienmarkt seit geraumer Zeit im internationalen Vergleich und in Beziehung zu festverzinslichen Papieren unterbewertet: »Der Mangel an strukturellen Reformen hat in der Vergangenheit zu einem Abschlag geführt.« Institutionelle Anleger seien teilweise bereits dabei, sich in Erwartung einer Wende neu zu positionieren. »Ihnen werden die privaten Anleger kurzfristig folgen«, meint Pohl.
Beim Kursziel hält die Volksbank Paderborn-Höxter kurzfristig an einem Dax von 4700 fest. Im kommenden Jahr werde der Wert vermutlich die Grenze von 5000 überschreiten.
www.vb-paderborn-hoexter.de

Artikel vom 15.06.2005