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Es gibt schwarze Bohnen

Brasilien gewöhnt sich an Bergisch Gladbach

Bergisch Gladbach (dpa). Der »König« vom Schlosshotel Lerbach hatte eine Baseballkappe auf, einen blauen Trainingsanzug an und lächelte mit seinen großen Zähnen in die zahlreichen Kameras. »Nein, ich bin doch nicht der König. Bei uns in der Mannschaft sind alle wichtig«, erklärte Brasiliens Superstar Ronaldinho.
Der Turnierfavorit beim Confederations Cup öffnete in Bergisch Gladbach erstmals die Tore des bis dato abgeriegelten Mannschaftsquartiers und widersprach Berichten, wonach den Spielern in der noblen Unterkunft die Decke auf den Kopf fallen würde.
»Wir sind zufrieden hier und wären glücklich, wenn wir bei der WM nächstes Jahr hier untergebracht wären«, erklärte der stets freundliche Ronaldinho. Nationaltrainer Carlos Alberto Parreira räumte jedoch ein, dass am Anfang das Murren groß war, weil nur jeweils zwei Internetanschlüsse und Play Station zur Verfügung standen. Inzwischen wurde technisch nachgebessert.
Obwohl Drei-Sterne-Koch Dieter Müller Leckereien wie Crepinette vom Milchkalbsrücken, Steinbuttfilet mit Staudensellerieschuppen und Supreme vom wilden Perlhuhn auf der Karte stehen hat, brachten die Ballzauberer wie gewohnt ihren eigenen Koch mit: Der in Paris lebende Artur Nascimento kochte bereits bei der Mini-WM vor zwei Jahren in Frankreich für die Stars. »Das Essen ist sehr gut. Es gibt sogar schwarze Bohnen«, lobte Ronaldinho. »Komfort und Atmosphäre sind okay. Ein paar von uns haben auch Samba gespielt.«
Nachdem Parreira Gerüchte zu Ohren gekommen waren, dass seine Asse ein Hotel im Zentrum Kölns und damit mehr Abwechslung bevorzugen würden, fragte der Nationalcoach nach - und keiner habe ihm gesagt, dass er hier nicht glücklich sei.
Das alte Gemäuer ist von einem Park umgeben, um dessen Teich ein paar Gänse watscheln. Das kulturelle Angebot beschränkt sich außerhalb der Zimmer auf ein paar Skulpturen unter Bäumen. »Für uns ist das hier ein ruhiger Ort, uns nach den Spielen auszuruhen«, meinte Stürmer Adriano von Inter Mailand. »Klar, wir Brasilianer sind es gewohnt Leute zu treffen und zu reden. Aber Brasilien hat eine große Verantwortung, und man muss sich an die Isolation gewöhnen.«

Artikel vom 15.06.2005