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Als Freizeit-Radler
auf den Col du Galibier
Was »Bergziegen« vor dem Start ins große Abenteuer beachten sollten
Bergab mit Rückenwind - so macht Radfahren bekanntlich am meisten Spaß. Trotzdem kurbeln unzählige Hobbyradler leidenschaftlich gern bergauf, möglichst die großen Alpenpässe, die durch die Mutter aller Fahrten, die Tour de France, bekannt sind.
Worauf muss achten, wer zur »Bergziege« mutieren und sich dieser Herausforderung stellen möchte? Zunächst einmal auf das richtige Rad. Leichte Rennräder sind auf asphaltierten Bergstraßen erste Wahl. Sie können hier ihre Stärken - geringes Gewicht und niedriger Rollwiderstand - voll ausspielen.
Wer nicht trainiert wie Lance Armstrong, sollte auch nicht die Gangabstufung eines Hochleistungsprofis wählen. Empfehlenswert ist ein drittes, kleines Kettenblatt vorn als Steighilfe. »Damit hat das Rad nicht nur die üblichen 18 oder 20 fein gestuften Gänge, sondern bis zu 30, darunter auch extrem kleine, mit denen man lange Steigungen im Sitzen hinaufkurbeln kann«, sagt Stefan Scheitz vom Rennradspezialisten Felt. Auch die Fachleute der Aktion Gesunder Rücken (AGR) raten zu Übersetzungen mit dem dritten Blatt. »Ein runder Tritt im Sitzen ist am schonendsten«, sagt Georg Stingel: »Wer versucht, sich lange Strecken im Wiegetritt hinaufzudrücken, dem schmerzen rasch Knie und Rücken.«
Locker fahren lautet also die Devise. Dann bleibt auch Gelegenheit, den Blick auf das Alpenpanorama zu richten. Und so eine Passfahrt zieht sich in die Länge, ob es die 21 Spitzkehren hinauf zur Alpe d'Huez (1850 Meter) oder die 35 Kilometer zum Col du Galibier (2642 Meter) sind. Da ist mancher gut zweieinhalb Stunden unterwegs. Genug Getränke und Verpflegung sollten also dabei sein. »Bananen, einige Power-Riegel und an heißen Tagen mindestens zwei Dreiviertel-Liter-Trinkflaschen mit Apfelschorle«, rät Thomas Wiemann vom Trinkflaschen-Spezialisten Elite. »Und regelmäßig trinken, bevor der Durst kommt.« Ab und zu eine kurze Pause ist nicht ehrenrührig, sondern schützt vor Überanstrengung.
Auch die richtige Kleidung ist angesagt: elastische Radhose mit Innenpolster, bequem geschnittenes Trikot und ein Funktionsunterhemd, das den Schweiß abführt und den Körper schön trocken hält. In gut 2000 Metern Höhe, wo die Murmeltiere zu Hause sind, wird es deutlich kühler. Daher sind Überzieher für Arme und Beine (Arm- und Beinlinge) sinnvoll. Obligatorisch zum Schutz vor dem Fahrtwind bei der Talfahrt ist eine leichte Wind- oder Regenjacke (passt zusammengerollt ebenfalls noch in die Trikottasche). Empfehlenswert ist auch eine gute Sportbrille.
Thomas Wiemann rät, sich vor dem Start mit wasserfester Sonnenmilch einzucremen: »In großer Höhe ist die Sonnenstrahlung sehr intensiv.« Außerdem, so sein Tipp, die Beine mit Startöl einreiben. »Das erfrischt, macht sie locker und fördert die Durchblutung«, erklärt Wiemann, der auch Jan Ullrich mit »Ozone«-Creme versorgt.
Vor dem Gipfelsturm sollte man sein Rad vom Fachhändler auf Herz und Nieren prüfen lassen, mit besonderem Augenmerk auf Bremsen (abgenutzte Beläge austauschen, Züge kontrollieren), Tretlager und Reifen. Auf dem oft rauen Asphalt in Alpen und Pyrenäen fahren viele Hobbyradler übrigens mit etwas breiteren Reifen: 25 oder 28 Millimeter statt der üblichen 23, mit denen die Profis unterwegs sind. »Der minimal höhere Luftwiderstand spielt bergauf keine Rolle. Dafür bringt mehr Volumen deutlich mehr Komfort und Grip«, beschreibt Carsten Zahn vom Reifenhersteller Schwalbe.

Artikel vom 02.07.2005