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Banden rauben
Badegäste aus

Überfälle in Cascais und Quarteira

Lissabon (dpa). Mindestens 500 Mitglieder verschiedener Jugendbanden sind am Freitag bei Cascais an der portugiesischen »Sonnenküste« bei Lissabon über einen Strand hergefallen und haben die Gäste beraubt. Fünf Menschen seien verletzt worden, darunter zwei Polizisten, berichteten Zeitungen am Wochenende.

Demnach seien nur vier Angreifer im Alter zwischen 12 und 20 Jahren festgenommen worden. Die Banden haben Geldbörsen, Mobiltelefone, Uhren oder Taschen erbeutet. Badegäste, die sich widersetzten, wurden geschlagen. Die Polizei feuerte in die Luft, unter den Strandbesuchern brach Panik aus. Auch an der Algarve im Süden des Landes kam es zu einem Überfall einer Jugendbande.
»Es geschah blitzschnell. Wir lagen am Strand und plötzlich rannten Scharen von Jugendlichen los und grabschten alles, was sie finden konnten«, berichtete eine Augenzeugin in Cascais. Presseberichten zufolge waren zum Zeitpunkt des Angriffs nur vier Beamte vor Ort. Nachdem zahlreiche Menschen über Handy Alarm geschlagen hatten, rückte Verstärkung an. Einige der 60 Polizisten verfolgten die Täter mit Motorrädern.
Raubzüge dieser Art waren bislang vor allem aus Portugals ehemaliger Kolonie Brasilien bekannt, etwa aus Rio de Janeiro. Dort werden sie »arrastão« (Schleppnetz) genannt: Die Diebe laufen wie auf Kommando in Gruppen und Reihen über den Strand und stehlen alles, was ihnen in die Hände fällt.
Ob der Überfall auf den - auch bei ausländischen Urlaubern beliebten - Strand von Carcavelos bei Cascais ebenfalls organisiert war, steht nicht fest. »Es scheint mehr eine spontane Aktion gewesen zu sein. Unter den Gästen waren Mitglieder mehrerer Jugendbanden, die ebenfalls zum Baden gekommen waren«, sagte ein Ermittler, der sogar von bis zu 2000 Angreifern ausgeht. Innenminister António Costa und Polizeichef Orlando Romano versprachen, dass die Sicherheitskräfte an den Stränden verstärkt und Überwachungskameras installiert werden sollten. Keine 24 Stunden später löste jedoch eine Bande von Jugendlichen in Quarteira an der Algarve in Südportugal erneut Panik unter Badenden und Urlaubern aus. Mehrere Souvenirläden wurden ausgeraubt.
In Cascais saß der Schrecken in der Bevölkerung so tief, dass die normalerweise gut besuchten Strände am Wochenende fast menschenleer waren. Die Täter stammten aus den Armenvierteln des 25 Kilometer entfernten Lissabon. Die Überfälle zeigen nach Angaben von Experten, dass die »sozialen Zeitbomben der städtischen Armut« explodierten.

Artikel vom 13.06.2005