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Die Jusos wollen Ruck nach links

Müntefering lehnt Kursänderung ab

Leipzig (dpa). Nach neun SPD-Schlappen bei Landtagswahlen sparte der Parteinachwuchs am Wochenende nicht mit Kritik. »Kein Weiter so!« überschrieben die Jungsozialisten ihr Strategiepapier für den Bundestagswahlkampf.
Neben der Reformpolitik war auch die von der SPD-Spitze angestrebte Neuwahl beim Juso-Bundeskongress in Leipzig umstritten. Doch die Jusos wollen kämpfen - gegen die Parteiführung und mit ihr. »Wir sind gekommen, um zu bleiben. Alternativlosigkeit bekämpfen«, lautete das trotzige Motto des dreitägigen Treffens.
Dabei ging die SPD-Jugend mit der Mutterpartei wenig zimperlich um. Die rot-grüne Reform-»Agenda 2010« ist ihr für den Wahlkampf zu wenig. Die Jusos verlangen einen deutlichen Ruck nach links. »Wir brauchen statt einer Agenda 2010 eine Agenda Soziale Gerechtigkeit«, forderte der im Amt bestätigte Bundesvorsitzende Björn Böhning. Die Regierungspolitik sei am Ende - das Hauptproblem Arbeitslosigkeit habe Kanzler Gerhard Schröder nicht in in Griff bekommen.
»Wir erwarten von der SPD, dass sie eine politische Alternative zu Rechtspopulismus und Ausgrenzung, zu Neoliberalismus und Laissez-faire aufzeigt«, heißt es im Strategiepapier der Jusos.
Eine SPD-Regierung müsse Visionen aufzeigen, forderten die Jungen in Leipzig. Parteilinke wie Andrea Nahles und Ottmar Schreiner kamen gut an. »Wir sind die Sozialdemokratie 2010. Wir suchen nicht nur Alternativen für die nächsten vier Monate«, sagte Nahles und verlangte eine Perspektive für die nächsten 10 bis 15 Jahre. Schreiner stieß mit seinem Ruf nach Mindestlöhnen und sozialer Gerechtigkeit auf Zustimmung.
Applaus bekam auch SPD-Chef Franz Müntefering vom Nachwuchs - trotz mitunter klarer Absage an seine Forderungen. »Dann sagt mir doch mal, wie man das bezahlen soll«, grummelte »Münte« nach Juso-Kritik an der »Agenda 2010«. Der beschrittene Reformweg sei richtig, eine Kurskorrekur nicht drin - allenfalls Ergänzungen. Mit seinem Vorstoß für eine umfangreiche Bildungsreform entsprach Müntefering dann wieder den Vorstellungen des SPD-Nachwuchses. »Bildung darf nicht vom Portemonnaie der Eltern abhängen«, sagte er unter lautem Applaus. Auch seine Kapitalismus-Kritik stieß auf Zustimmung.
Die 300 Delegierten bekundeten Müntefering am Ende stehend Sympathie und Anerkennung. SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter war am Freitagabend nicht so gut weggekommen - seine Rede stieß in Leipzig auf Ablehnung und Desinteresse. Nur mit Selbstkritik konnte er punkten. Es seien Fehler gemacht worden, räumte Benneter ein.
»Lasst uns die Gemeinsamkeiten betonen, statt Spaltung zu betreiben«, forderte ein Juso-Delegierter. »Es geht darum, mit einer besseren Sozialdemokratie den neokonservativen Durchmarsch in Deutschland zu verhindern«, sagte Böhning.

Artikel vom 13.06.2005