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Der Kaisers neues
Reiter-Leben

Johannsmann verlässt den Parcours

Von Susanne Kappmeier
Gütersloh (WB). Gütersloh (WB/SuK). Einer der ganz großen Springreiter aus Ostwestfalen-Lippe reitet in diesem Jahr seine letzten Parcours': Heinrich Wilhelm Johannsmann, der »Kaiser« aus Gütersloh-Ebbesloh, sattelt im Dezember in Frankfurt zum letzten Mal für einen Wettbewerb.

Doch noch bevor der rote Rock endgültig in den Schrank kommt, will sich Johannsmann mit einem Fest bei seinen Fans und Reiterkameraden bedanken und sich verabschieden. Die große Pferdesport-Gala mit rund 100 Pferden findet am 16. Juli statt - im Rahmen der Steinhagener Reitertage, seinem Heimatturnier. Des »Kaisers« Ritt im »Großen Preis« wird dann auf jeden Fall sein letzter sportlicher Auftritt im Pferdeland Westfalen sein.
Welch immens große Sympathie das Reitsportpublikum »ihrem Kaiser« entgegenbringt, erfuhren Johannsmann und seine Frau Jutta beim Reitturnier in Neumünster. Nach einem verunglückten Parcours zog der Reiter die Kappe und gab auf. Daraufhin erhoben sich alle Zuschauer in der rappelvollen Turnierhalle und zollten ihm fünf Minuten lang stehende Ovationen. »Ich saß auf der Teilnehmertribüne und wunderte mich, warum alle Reiterkollegen von ihm plötzlich mit aufstanden«, erinnert sich Jutta Johannsmannn, die ebenso wie ihr Mann ganz weiche Knie bei dieser spontanen Zeremonie bekam.
Von der Bühne des großen Sports wird Kaiser aber auch nach seinem Abschied nicht ganz verschwinden. Das Leben des 53-Jährigen dreht sich weiter um Pferde, Reiter und Turniere. Denn bei einem, der über Jahre hinweg so erfolgreich reitet, wie er, bei dem stehen die Schüler Schlange. Seit März ist der Stilist im Springsattel Trainer im Stall von Ludger Beerbaum in Riesenbeck. Neben Vivien Schockemöhle, Philipp Weishaupt, Dennis Huser und Mario Stevens profitieren dort auch einige internationale Schüler von den großen Erfahrungen des Ostwestfalen. »Ludger will sich mehr auf seinen eigenen Turniersport konzentrieren, hat aber eine große Nachfrage von Schülern. Um die kann ich mich nun präzise und im Detail kümmern«, sagt der Berufsreiter, der auch schon fünf Jahre lang beim Deutsche Olympiade-Komitee für Reiterei in Warendorf junge Leute trainiert hat.
Johannsmanns eigene Karriere hatte 1973 begonnen, als er für den Stall von Lutz Goessing die ersten nationalen Siege errang. Später ritt er für das Gestüt Römersee, startete 1978 bei der Weltmeisterschaft in Aachen und ein Jahr später bei der EM in Rotterdam. 1980 qualifizierte er sich für die Olympischen Spiele in Moskau, die bekanntlich von der Bundesrepublik Deutschland boykottiert wurden. Im Jahr darauf kehrte er in den Turnierstall von Lutz Goessing nach Steinhagen zurück.
Einen »zweiten Frühling« und viele internationale Erfolge feierte er Ende der 90er Jahre mit den NRW-Hengsten Gralshüter, Prosario und Potsdam. Für sie endet im Dezember zwar die Jagd um Sekunden im großen Parcours, in Rente gehen sie deshalb aber noch lange nicht. Neben ihrem Job im Landgestüt Warendorf dürfen die Publikumslieblinge ihr Können noch auf zahlreichen Shows und Hengstparaden unter Beweis stellen - dann aber nicht mehr mit ihrem »Kaiser«.

Artikel vom 18.06.2005